Nachruf:Glanzlichter gesetzt

Nachruf: Eigentlich fing er als Pianist an. Doch dann entdeckte Hermann Breuer die Posaune.

Eigentlich fing er als Pianist an. Doch dann entdeckte Hermann Breuer die Posaune.

(Foto: Privat)

Zum Tod des Posaunisten und Pianisten Hermann Breuer.

Von Oliver Hochkeppel

1942 in München geboren, hat Hermann Breuer den Krieg wohl nicht mehr bewusst miterlebt. Seinen Charakter hat er aber vielleicht doch mitgeprägt: Knorrig münchnerisch; illusionslos und misstrauisch gegenüber Autoritäten; lange zurückhaltend, dann aber auch mal mit explosiv vertretener eigener Meinung samt einem speziellen Humor. Kam hinzu, dass er keinen bürgerlichen Weg einschlug, sondern einen, den man seinerzeit noch unter Subkultur einordnete: Breuer wurde Jazzmusiker. Seinem Naturell wie seinem Instrument, der Posaune, entsprechend keiner, der das Rampenlicht suchte, sondern eher als einer dieser unverzichtbaren Sidemen, die mit ihrem Spiel einer Band Glanz verleihen. So wie jene grandiosen Nebendarsteller, die manchen Hollywood-Film gerettet haben.

Angefangen hatte Breuer freilich am Klavier, schließlich waren seine Eltern Klavierlehrer. Die Klassik hielt ihn bis zum 15. Lebensjahr fest im Griff, Breuer übte Bach und Beethoven, nahm mehrfach am Piano-Lang-Wettbewerb teil. Bis erst Dixiebands, dann Modern-Jazz-Ensembles die Leidenschaft für den Jazz wachsen ließen - seinerzeit noch gegen allerlei Widerstände: "Meine Klavierlehrerin war entsetzt und widerrief ihr Versprechen, mir ihren Blüthner-Flügel zu vererben", erinnerte er sich später. Schon vor dem Abitur kam die Posaune dazu, 1962 nahm er in diesem Fach ein Studium an der Münchner Musikhochschule auf, was damals natürlich nur klassisch ging.

Abends aber spielte er in den Jazzclubs und tourte bald mit Größen wie Joe Haider, Gunther Hampel oder Manfred Schoof. Im legendären "Domicile" rutschte Breuer rasch in die Hausband, die oft die gastierenden US-Stars wie Pony Pointdexter, Lee Harper oder Jimmy Wood begleitete. Zuvor noch zweigleisig, konzentrierte sich Breuer nun ganz auf die Posaune, sie schien ihm die größere Herausforderung.

So wurde er der wohl meistbeschäftigte und prominenteste Münchner Jazzposaunist, unter anderem in Rudi Fuesers' bahnbrechender Latin-Band Connexion Latina, in den Ensembles von Dusko Goykovich oder Mal Waldron, bei Johannes Herrlichs Trombonefire wie mit seinen eigenen Bands, dem Trio Brass Jazz und seinem Quintett. Eine Zeit lang war er sogar beim weltmusikalischen Fusion-Kollektiv Embryo festes Mitglied und auch international konnte er glänzen, etwa in den Big Bands von Slide Hampton, Gil Evans, des NDR oder dem Berlin Contemporary Jazz Orchestra.

Das Klavier war fast vergessen, bis ihn seine Saxofon spielende Tochter Carolyn davon überzeugte, es auch wieder mit dem Klavier zu versuchen, was schon 1992 mit dem gemeinsamen Album "Family Affair" Früchte trug. Ein dauerhaftes Familienprojekt wurde daraus nach Carolyns Rückkehr aus Amsterdam im Jahr 2003. Einige Jahre später gab Breuer die Posaune völlig auf, "seither bin ich wieder ein glücklicher Pianist," sagte er 2017. Allzu lange währte das Glück leider nicht mehr. Nach kurzer schwerer Krankheit ist Hermann Breuer am Mittwoch 80-jährig in seiner Heimatstadt gestorben.

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