München hat sich in den vergangenen Jahren zu einem bundesweit herausragenden Standort im Bereich der Medizintechnik entwickelt. Insgesamt 350 Unternehmen des boomenden Industriezweigs mit 21 000 Beschäftigten in der Landeshauptstadt und den angrenzenden Landkreisen erwirtschaften jährlich 4,1 Milliarden Euro Umsatz. Allein die Hersteller im Raum München machen 2,5 Milliarden Euro Umsatz, das ist ein Prozent des Weltmarkts. Mehr als ein Drittel der bayerischen Unternehmen im Bereich Medizintechnik ist in München angesiedelt. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die im Auftrag des Münchner Wirtschaftsreferats von der Consultic Marketing & Industrieberatung GmbH erstellt wurde.
"Die Bedeutung der Medizintechnikindustrie für den Wirtschaftsstandort München liegt weniger in ihrer quantitativen Stärke als vielmehr in ihrem hohen innovativen Beitrag", sagte Wirtschaftsreferent Josef Schmid am Donnerstag bei der Präsentation der Studie. Die bayernweite Untersuchung, die auch auf die Region München heruntergebrochen wurde, belegt, dass hier die Medizintechnikunternehmen etwa 15 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung investieren. Das liegt deutlich über dem bayerischen und dem bundesweiten Schnitt, wo durchschnittlich neun Prozent für Forschung ausgegeben werden. Gerade kleine und jüngere Unternehmen im Raum München wenden laut der Studie "einen hohen Anteil ihrer zur Verfügung stehenden Mittel für die Entwicklung neuer Produkte und Erforschung innovativer Techniken auf". Jedes sechste Unternehmen investiert sogar mehr die Hälfte seines Umsatzes.
Wie stark die Branche im Raum München boomt, zeigt sich auch an der hohen Zahl an jungen Firmen. Etwa ein Viertel der hier tätigen Medizintechnikunternehmen, Zulieferer und Dienstleister hat sich erst nach der Jahrtausendwende gegründet. Dabei ist der Unternehmensbereich in der Region trotz einiger großer Firmen wie General Electric stark mittelständisch geprägt: Jedes zweite Unternehmen hat weniger als 20 Beschäftigte. Ein Schwerpunkt im Raum München liegt im Bereich von IT-Unternehmen und Dienstleistern, allerdings sei "in München die Vielfalt entscheidend, sie deckt das gesamte Spektrum ab", sagte Frank Miermeister vom Forum Medtech Pharma, der die Studie am Dienstag vorstellte.
Es sind aber nicht nur junge Startup-Unternehmen, die München zum "Hidden Champion" im Bereich Medizintechnik gebracht haben. Auch alteingesessene Firmen tragen zum weltweit guten Ruf Münchens in der Branche bei. Die einstige Firma Stöckert Instrumente GmbH entwickelte 1973 in Schwabing die erste modulare Herz-Lungen-Maschine der Welt. Heute sitzt das Unternehmen in Freimann und firmiert unter dem Namen Sorin Group Deutschland GmbH. 75 Prozent aller Herz-Lungen-Maschinen weltweit werden in München gefertigt, teilt Firmenmanager Christian Hofstetter mit: "Wir sind damit seit Jahren Weltmarktführer." Auch eine Firma, die man bisher nicht unbedingt mit Medizintechnik in Verbindung gebracht hat, setzt nun als zweites Standbein auf die Boombranche: die Arri Group, weltweit größte Herstellerin von professioneller Filmausrüstung. 2014 wurde Arri Medical gegründet und produziert nun optische Geräte in der medizinischen Mikroskopie. Seit fast 100 Jahren hat das Unternehmen seinen Stammsitz in der Maxvorstadt, und in München will die Firma auch in Zukunft bleiben: "München ist ein toller Standort", sagt Thomas Hürland von Arri Medical. Auch Christian Hofstetter schwärmt von der Landeshauptstadt: "Es gibt keinen besseren Standort in Deutschland."
Als Grund für die hohe Attraktivität nennen die Unternehmer vor allem die Infrastruktur mit ihren Universitäten und Hochschulen sowie Forschungseinrichtungen, mit denen viele Firmen kooperieren. Die Studie zeigt, dass 49 Prozent der Unternehmen mit dem Standort sehr zufrieden beziehungsweise zufrieden sind (39 Prozent). Allerdings klagen sogar die Vielverdiener in der Branche über die hohen Mieten in München.