Hellabrunn:Tierpark erschießt zwei Wildrinder - vier Angestellte verletzt

Hellabrunn: Über die Geburt des Banteng-Nachwuchses vor drei Jahren hatte sich der Tierpark noch gefreut: "Zuchterfolge in Zoos sind gerade bei Tieren wie den Bantengs, die in freier Wildbahn stark gefährdet sind, von großer Bedeutung für die Arterhaltung."

Über die Geburt des Banteng-Nachwuchses vor drei Jahren hatte sich der Tierpark noch gefreut: "Zuchterfolge in Zoos sind gerade bei Tieren wie den Bantengs, die in freier Wildbahn stark gefährdet sind, von großer Bedeutung für die Arterhaltung."

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Als zwei Bantengs im Tierpark erschossen werden sollten, löste sich ein Schuss.
  • Aufsichtsratsvorsitzende Christine Strobl (SPD) erfährt von dem Vorfall erst drei Monate später durch einen anonymen Brief.
  • Für die Wildrinder war im Zoo kein Platz mehr, deshalb wurden sie geschlachtet.

Von Martin Bernstein

Bei einem Zwischenfall mit einer Schusswaffe im Tierpark Hellabrunn sind am 6. Juli vier Menschen leicht verletzt worden. Ein 20 Jahre alter Auszubildender erlitt ein Knalltrauma und wurde mit dem Taxi ins Krankenhaus gebracht, nachdem sich aus einer Waffe beim Sichern und Entladen ein Schuss gelöst hatte. Durch herumfliegende Betonsplitter erlitten drei weitere Personen leichte Hautverletzungen. Zuvor hatte ein Zoo-Mitarbeiter mit der Waffe zwei Banteng-Wildrinder erschossen. Staatsanwaltschaft und Aufsichtsrat des Zoos wurden erst einige Zeit später durch einen anonymen Hinweisgeber über den Zwischenfall informiert.

Wie bei einem Arbeitsunfall üblich wurde laut Zoo-Sprecher Daniel Hujer der Vorfall bereits am 11. Juli an die Gewerbeaufsicht, die Berufsgenossenschaft, den Betriebsarzt sowie an die Fachkraft für Arbeitssicherheit gemeldet. Eine Meldung des Arbeitsunfalles bei der Polizei oder beim Aufsichtsrat sei aus Sicht des Zoos nicht erforderlich gewesen. Der Tierpark habe zudem freiwillig einen externen Waffensachverständigen hinzugezogen.

Die Staatsanwaltschaft München I hat Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung aufgenommen. Es gebe aber noch offene Fragen, sagt Pressesprecher Florian Weinzierl. So müssten die genauen Abläufe an jenem 6. Juli ebenso geklärt werden wie das tatsächliche Verletzungsbild der wohl vier Geschädigten. Offen ist auch, ob die Waffe einen Defekt hatte.

Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) ist Aufsichtsratsvorsitzende des Tierparks. Von dem Vorfall Anfang Juli erfuhr sie vergangenen Freitag - durch den anonymen Brief. Sie habe daraufhin die Geschäftsführung in Hellabrunn um eine Stellungnahme gebeten. Die habe sie am Montagabend bekommen, sagt Strobl. Sie möchte aber noch eine genaue Chronologie, wie der Tierpark reagiert habe.

Nur fünf Tage nach dem fatalen Fehlschuss hatten Strobl und Tierpark-Direktor Rasem Baban gemeinsam den Geschäftsbericht des Zoos vorgestellt. Von dem Zwischenfall war damals nicht die Rede. Ob sie darüber glücklich sei? "Wer ist schon glücklich, wenn so was passiert", sagt Strobl diplomatisch. Gegen den anonymen Hinweisgeber hat der Zoo inzwischen Anzeige wegen Rufschädigung erstattet, da dieser "einige weitere, vollkommen haltlose Anschuldigungen" öffentlich lanciert habe.

Heftige Kritik kommt von der Tierrechtsorganisation Peta. Sie wirft den Verantwortlichen vor, den Unfall aus Sorge um Negativschlagzeilen vertuscht und die Besucher mit dem Artenschutz-Argument getäuscht zu haben. Zoodirektor Baban hatte bei der Geburt der drei Banteng-Kälber Omella, Oskar und Ochiba vor drei Jahren betont: "Zuchterfolge in Zoos sind gerade bei Tieren wie den Bantengs, die in freier Wildbahn stark gefährdet sind, von großer Bedeutung für die Arterhaltung."

Der Tierpark Hellabrunn hat derzeit acht der in Südostasien heimischen Wildrinder in seiner Obhut. Im März berichtete er im Internet über die beiden Jungtiere Quadro und Quentin unter der Überschrift "Kreislauf des Lebens in Hellabrunn", die beiden entwickelten sich prächtig. Es sind die Tiere, die Anfang Juli getötet und dann verfüttert wurden. Trotz einer fast ein Jahr andauernden intensiven Suche habe kein anderer Zoo eine Unterbringung anbieten können, teilt Pressesprecher Hujer mit. In der Herde habe es "vermehrt soziale Unruhen und eine erhöhte Verletzungsgefahr" gegeben.

In Abstimmung mit dem Europäisches Erhaltungszuchtprogramm habe man daher beschlossen, die Tiere zu schlachten - laut Hujer ein absoluter Ausnahmefall und nur die letzte Möglichkeit. "Eine Abgabe an unseriöse Tierhändler lehnt der Tierpark grundsätzlich ab." Um Ähnliches für die Zukunft zu vermeiden, ist der Banteng-Zuchtbulle seit November 2016 kastriert.

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