Süddeutsche Zeitung

Helfer am Hauptbahnhof:"Dieser Einsatz hat mein Leben verändert"

Tausende Flüchtlinge kommen täglich am Münchner Hauptbahnhof an. Hunderte Freiwillige helfen, ihnen die Ankunft so einfach wie möglich zu machen.

Hassan Alsafadi

Hassan Alsafadi ist vor zwei Jahren selbst aus Syrien nach München gekommen und arbeitet als Krankenpfleger. Als er von den Flüchtlingen erfuhr, meldete sich der 29-Jährige freiwillig als Dolmetscher. Er weiß, wie Menschen sich fühlen, wenn sie hier ankommen. "Sie leiden unter enormen Stress." Als er damals ankam, gab es kaum Dolmetscher. "Zum Glück konnte ich gut Englisch." Jetzt verbringt er täglich zehn Stunden am Bahnhof. Viele Flüchtlinge wollten schnell weiterreisen zu ihren Verwandten. "Sie haben tausend Fragen."

Johannes Edel

Johannes Edel hatte am Dienstag seinen ersten Einsatz am Hauptbahnhof. Der 42-Jährige arbeitet für den Malteser Rettungsdienst. Für die Flüchtlinge kam er früher aus dem Urlaub zurück. Er kümmert sich vor allem um die Funkanlage. Dank ihm fand eine Flüchtlingsfamilie wieder zusammen. Ein Kind war verschwunden. Edel telefonierte alle Krankenhäuser ab, bis er das Kind in Schwabing fand. Man müsse den Menschen viel Empathie entgegenbringen, sagt er, und sie auch mal "verbal in den Arm nehmen".

Robert Schmitt

Robert Schmitt ist Einsatzleiter beim Medizinischen Katastrophen-Hilfswerk (MHW). Er ist seit der ersten Minute vor Ort. Die letzten fünf Tage habe er im Schnitt nur drei Stunden geschlafen. Er ist überwältigt von der Hilfsbereitschaft. "Was die Menschen hier geschafft haben, geht über alle Leistungsgrenzen hinaus." Ihn beeindrucke vor allem die harmonische Zusammenarbeit und die unbürokratische Hilfe seitens der Politik. Das Engagement gehe ihm auch persönlich nahe: "Dieser Einsatz hat mein Leben verändert."

Reinhold Böhm

Reinhold Böhm sitzt normalerweise nicht hinter dem Lenkrad eines Linienbusses. Den ungewöhnlichen Arbeitsplatz hat der Münchner Berufsfeuerwehrmann vorübergehend seit Sonntag übernommen: Angesichts Tausender Flüchtlinge, die derzeit täglich in München ankommen, wurden die Busfahrer knapp. "Das ist mal was anderes", sagt Böhm, der seit 1992 bei der Berufsfeuerwehr ist. Auch den erfahrenen Helfer berührt es, wenn nun bei ihm Familien mit kleinen Kindern in den Bus einsteigen "und man sieht, dass sie ganz schön gestresst sind".

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Quelle:
SZ vom 09.09.2015
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