Coronavirus in München:Wie der Circus Krone helfen will

Winterpremiere im Circus Krone in München, 2020

Am 1. März 2020 hatte das dritte Winterprogramm erst Premiere.

(Foto: Sebastian Gabriel)
  • Auch der Münchner Circus Krone ist hart von den Einschränkungen zum Schutz vor dem Coronavirus betroffen.
  • Bislang gab es keine Erkrankung unter den Artisten und den Mitarbeitern.
  • Inzwischen sind die Künstler nach Hause gereist, doch die Tiere müssen weiter trainiert und gefüttert werden.

Von Barbara Hordych

Wo sich sonst an den Kassenschaltern die Zuschauer drängen, herrscht nun Leere. Stattdessen stehen Nummer 78 und Nummer 185, zwei blau-weiße Holzwagen, quer auf dem Platz vor dem Circus-Krone-Bau. Es sind der Kassenwagen und der Küchenwagen, die mit 118 weiteren Wohn-, Gepäck- und Werkstattwagen vergangene Woche aus Augsburg zurückgekehrt sind. Augsburg war die erste Station der diesjährigen Sommertournee - und auch die letzte. Die Premiere am 10. März fand noch vor 800 Besuchern statt, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern waren da gerade verboten worden. Dann ging es weiter mit den Beschränkungen, "bei der Grenze von 500 Zuschauern sind wir dann ausgestiegen und haben die Tournee abgebrochen", sagt Direktorin Jana Lacey-Krone. Das Gastspiel-Zelt für 3000 Zuschauer, der "Blaue Dom", wurde abgebaut und zusammengerollt, kehrte mit dem Wagen-Tross zurück nach München.

In der Landeshauptstadt hätte noch bis 5. April das dritte Winterprogramm der aktuellen Saison laufen sollen, doch auch hier, im Krone-Bau, war am 12. März Schluss, das Geld für gekaufte Karten wurde zurückerstattet. "Ein Teil unseres Stammpublikums wollte allerdings gar nicht das Geld zurück, sondern eine Gutschrift für eine Vorstellung in der kommenden Spielzeit ", erklärt Lacey-Krone.

Abdeckplanen liegen nun über den roten Teppichläufern, die vom Foyer bis zur Manege führen. Dort drehen Falben und Cremellos ihre Runden. "Bewegen müssen wir unsere Tiere natürlich trotzdem", erklärt die Direktorin. "Heute morgen hatten auch schon meine Löwen ihr Training in der Manege", erklärt ihr Mann, der britische Raubtierlehrer Martin Lacey. Auf den ersten Blick könnte es also ein ganz normaler Vormittagsbetrieb hier im Haus sein, bevor die Nachmittags- und Abendvorstellungen beginnen.

Doch hinter dem Café-Tresen ist es seltsam ruhig, es gibt keine Artisten, die durch die Gänge eilen. Dafür ist der Geruch nach Desinfektionsmittel allgegenwärtig, schon zur Begrüßung gab es davon einen Spritzer auf die Hände. Oben in den leeren Zuschauerrängen sprüht eine Reinigungskraft die Stühle ein, wischt über Lehnen und Sitze. Mit dem Direktorenpaar geht es weiter in den Büroraum, die weißen Schreibtische sind blitzblank und nahezu leer geräumt.

"Die Ansprache von Frau Merkel fand ich sehr ergreifend und beeindruckend", erzählt Jana Lacey-Krone. Ganz ähnlich hätten sie die Sachlage auch ihren eigenen Mitarbeitern geschildert. "Dass es wirklich ernst ist, und wir uns alle um die Einhaltung der Regeln kümmern müssen." Das fange bei dem eigenen Sohn Alexis und seiner Kusine Shirin an, die ihre Großeltern nicht besuchen dürften, und reiche bis zur Haushälterin Wanda, die schon Christel Sembach-Krone den Haushalt geführt habe. "Sie ist eine ältere Dame, der wir nahelegen mussten, sich in ihre Wohnung zurückzuziehen", sagt Lacey-Krone. Jetzt würde für sie eingekauft. Und wenn sie sie besuchten, dann nur mit Mundschutz, sagt Martin Lacey, und zieht ein entsprechendes Exemplar aus seiner Jacketttasche.

Glücklicherweise gab es bislang keine einzige Erkrankung unter den Artisten und den Mitarbeitern. Inzwischen sind die Künstler nach Hause gereist, "das war eine logistische Höchstleistung unserer Büro-Angestellten, die Flüge und Zugtickets zu organisieren, nach Spanien, nach Südamerika, nach Ungarn und in die Ukraine, gerade noch rechtzeitig, kurz bevor die Grenzen zugemacht wurden", sagt Lacey.

Coronavirus in München: Martin Lacey und Jana Lacey-Krone haben der Stadt Hallen und Zelte angeboten.

Martin Lacey und Jana Lacey-Krone haben der Stadt Hallen und Zelte angeboten.

(Foto: Robert Haas)

Zurückgeblieben seien Angestellte wie die Handwerker, der Stallmeister, das Küchenpersonal, die Tierpfleger. Nicht nur in München, auch in Weßling, auf dem "Gnadenhof" für die älteren Tiere. "Rund 100 Mitarbeiter sind noch bei uns; viele kennen wir schon seit Langem, auch ihre Familien. Die können wir nicht einfach nach Hause schicken, ihr Zuhause ist ja hier bei uns", sagt Lacey-Krone. Stattdessen stellt das Direktorenpaar jetzt Anträge für Kurzarbeit, "das wäre uns schon eine Hilfe".

Denn die Einbußen des Unternehmens seien enorm, bei gleichzeitig weiterlaufenden Kosten, sagt Lacey. "Alle drei Standbeine sind uns weggebrochen", erklärt Jana Lacey-Krone: Die Einnahmen von der Gastspieltournee, die Einnahmen aus der letzten Winterspielzeit im Stammhaus. Und die Konzerte, die den Sommer über im Krone-Bau hätten stattfinden sollen. Aber man wolle nicht nur um Hilfe bitten, sondern selbst auch Hilfe anbieten, der Stadt, der man als Unternehmen seit 101 Jahren verbunden sei. "Wir haben an der Heidemannstraße Hallen, sogar mit Waschbecken und Wasseranschluss", sagt Lacey. Vor dem Hintergrund der Überlegungen des Freistaats, Hotels und Messehallen in Notquartiere für Patienten umzufunktionieren, sei das eine Option. Ebenso wie das riesige Zelt. Dazu kämen noch rund 15 Kraftfahrer zur Unterstützung. "Wir haben unsere Vorschläge an die Bürgermeister und die Stadtpolitiker geschickt", sagt Lacey. Der ein oder andere habe sich bereits für das Angebot bedankt.

Es seien Zeiten, in denen allgemein mehr Disziplin gefordert sei, sagt die Zirkuschefin. Sie ärgere sich sehr über Menschen, die sich nicht an das Versammlungsverbot hielten. "Unsere Mitarbeiter mögen vielleicht nicht die beste Schulbildung haben; aber sie besitzen Disziplin und haben Respekt voreinander. Und das ist wichtig, um durch diese Krise zu kommen".

Vor Kurzem habe er mit dem Senior-Direktor des Zirkus Barum gesprochen, sagt ihr Mann Martin Lacey. Ihn interessierte die Einschätzung der Lage des bald 90-Jährigen Gerd Siemoneit-Barum. "Gerd sagte mir, schwierige Zeiten hätte es immer gegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg hätten sie vor ein paar Hundert Zuschauern gespielt, um die Menschen wieder zum Lachen zu bringen. Aber dass die Menschen gar nicht zusammenkommen dürften, das sei ihm neu."

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