Strom und Fernwärme in München werden zu 90 Prozent mit fossiler Energie erzeugt.
Behaupten die Bürgerinitiativen. Laut Bieberbach ist das jedoch vor dem Hintergrund, dass der Großteil der erneuerbaren Energien nicht im Stadtgebiet erzeugt werden kann, nicht wirklich erstaunlich. Allerdings stellt sich die Frage, was "in München" bedeutet. Streng genommen liegt nicht einmal das Kraftwerk Nord auf Münchner Flur, und ob es sinnvoll ist, Anlagen im Umland (oder auch das zu 25 Prozent stadtwerkeeigene Atomkraftwerk Isar 2 bei Landshut) einfach auszublenden, ist zumindest fragwürdig. Dazu kommt: Auch Gas ist fossile Energie, der Prozentwert dürfte sich also auch bei einer Verlagerung von Teilen der Strom- und Fernwärmeerzeugung in die Kraftwerke Süd und (künftig) Freimann nicht wesentlich verbessern. Ob diese Anlagen später einmal mit ökologisch erzeugtem Gas, der sogenannten Power-to-Gas-Technologie, betrieben werden, ist unklar.
Der Strommix aus sämtlichen Anlagen der Stadtwerke sieht jedenfalls so aus: 37 Prozent stammen aus erneuerbarer Energie, 28 aus Atomkraft und 35 aus fossilen Quellen. Der Anteil des Kraftwerks Nord an der konzerneigenen Stromerzeugung liegt bei 14 Prozent. Kritiker bemängeln allerdings, dass viele der Wind- und Solaranlagen weitab von München in der Nordsee oder auch in Spanien liegen.
Die Stadt München kann über eine Abschaltung des Kohleblocks nicht allein entscheiden.
Behauptet die Stadtratsmehrheit. Das ist prinzipiell korrekt, allerdings stellt sich die Frage, was mit Abschaltung konkret gemeint ist. Sollte der Bürgerentscheid eine Mehrheit sowie das erforderliche Quorum erreichen, müssen die Stadtwerke bei der Bundesnetzagentur die Stilllegung des Kohleblocks beantragen. Die Behörde prüft dann, ob die Anlage für die Versorgungssicherheit unentbehrlich ist oder ob sie vom Netz genommen werden darf. Ein Veto ist möglich, und es gilt als höchst wahrscheinlich, dass dies auch eintritt. Da bislang leistungsfähige Leitungen fehlen, um den an Nord- und Ostsee erzeugten Windstrom in Richtung Süden zu transportieren, hat die Bundesnetzagentur schon seit Längerem kein Kraftwerk südlich der Mainlinie mehr vom Netz gehen lassen.
Allerdings könnte der Kohleblock dann trotzdem heruntergefahren werden, stellt Christof Timpe vom Öko-Institut klar. Die Anlage müsste lediglich für Engpässe betriebsbereit gehalten werden. CO₂ würde also trotzdem gespart. Fraglich ist nur, wie viel. Denn Bieberbach zufolge müsste der Kohleblock in jedem Fall mit gedrosselter Kraft weiterlaufen. Warm bleiben sozusagen. Im Falle des Falles muss die Anlage möglichst schnell hochfahren können, was bei einem abgeschalteten Kohleblock nicht so einfach klappen würde. Zudem darf das Kraftwerk nicht komplett kalt werden. Dies würde, so Bieberbach, die Anlage beschädigen. Sie ist auf Dauerbetrieb ausgelegt.
Ein modernes Gaskraftwerk im Münchner Norden könnte die Strom- und Fernwärmeerzeugung des Kohlemeilers übernehmen.
Behaupten die Grünen. Technisch wäre das auch möglich, bestätigen die Stadtwerke. Nur: Bis 2022 ein komplett neues Kraftwerk planen, genehmigen und bauen zu lassen, sei unrealistisch. Und eigentlich wolle man sich auch kein fossil betriebenes Kraftwerk mehr ans Bein binden.