Heimweg:Da fliegt er

In der Papst-Maschine vergessen Journalisten die Nächstenliebe, über Österreich geleiten Abfangjäger. Und im Chiemgau haben die Kinder schulfrei, um Benedikt hinterherzuwinken.

Matthias Drobinski

Man stellt sich Vatikanjournalisten als nachdenkliche, vielleicht emotional etwas reduzierte Menschen vor, doch wenn sich die Türen des Busses öffnen, dann wird aus der Schar der Anzugträger ein Haufen, gegen den eine drängelnde Schulklasse eine disziplinierte Veranstaltung ist.

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(Foto: Foto: ddp)

Es geht um die besten Plätze, da gilt nicht die christliche Nächstenliebe, sondern der Ellenbogen, und der Mann von der Bild-Zeitung ist immer erster.

Dabei wird er gar nicht nach hinten kommen, Papst Benedikt XVI., das hat er schon auf dem Hinflug getan. Er wird auf der linken Seite des Flugzeugs sitzen, das ihn zurück nach Rom bringt, und aus dem Fenster schauen, wie unten die Heimat vorüberzieht.

Aber dem Papst möglichst nahe zu sein, wenn auch durch zwei blaue Vorhänge getrennt, das ist einen Sprint wert.

Joseph Ratzinger ganz nah! Das hätte man die Jahre über einfacher haben können, wenn man sich nur einen Ruck gegeben hätte.

Doch nun sind die Gelegenheiten verstrichen, einfach Grüß Gott zu sagen. Nun heißt es, einen Akkreditierungsmarathon zu überstehen und dann als eine Art embedded journalist auf den Spuren Benedikts XVI. zu wandeln, eisern zusammengehalten von jenem Mitarbeiter der Salla di Stampa, der seit 22 Jahren diese merkwürdige Schulklasse der Vaticanisti bändigt.

Hin geht es mit der italienischen Alitalia, zurück fliegt der Airbus A 321 "Regensburg" der Lufthansa. Am Steuer sitzt, wie schon nach dem Weltjugendtag, der ehemalige Theologiestudent und Ratzinger-Schüler Martin Ott, Vater von sieben Kindern, Dirigent der Musikkapelle in Marktl zum Papstbesuch.

Die Lufthansa teilt mit, dass ihr Chef Wolfgang Mayrhuber den Papst "persönlich nach Rom" begleitet; es sich nicht nehmen lässt, wie man zu sagen pflegt.

Im Flugzeug erklärt er, dass er den Papst gerne noch einmal fliegen würde und dass Joseph Ratzinger früher eine Senator Card gehabt habe.

Der Flug selber vollzieht dann einen Akt der Gerechtigkeit: Um viertel nach eins sinkt die Maschine und fliegt in 1000 Metern Höhe eine Schleife über den Chiemgau: über das öffentlichkeitstüchtige Marktl, aber auch über Tittmoning, Aschau und Traunstein, die Orte der Kindheit und Jugend von Joseph Ratzinger, in die er bei dieser Reise nicht kam.

Die Kinder haben dort schulfrei, um zum Flugzeug hinaufzuschauen, wo der Papst auf der linken Seite aus dem Fenster schaut.

Und Benedikt übermittelt Funksprüche nach Tittmoning ( "...BIETET MIR DIE GELEGENHEIT DAS TRAUMLAND MEINER KINDHEIT ZU UEBERFLIEGEN (STOP)") , Aschau ( "...WO ICH DIE ERSTE HEILIGE KOMMUNION EMPFANGEN HABE (STOP)") und über Traunstein, den geliebten Ort seiner Jugend.

Man sieht die Kampenwand im Dunst und den Chiemsee in der Sonne, dann geht es über die Alpen, und zum Essen gibt es Ochsenbackengulasch mit Topfenspätzle.

Über Österreich begleiten vier Abfangjäger den Papstflug.

Wieder auf der Erde macht die Nachricht die Runde: Türkei empört über Islam-Äußerung des Papstes, Reise nach Istanbul in Gefahr.

Vorbei die schönen Tage in Bayern.

Und in Rom regnet es.

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