Heikle Kandidatensuche:OB-Kür führt zu Streit bei den Grünen

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Die OB-Kandidatur at eine kritische Phase erreicht: Anhänger von Sabine Nallinger wittern hinter dem Disput mit Hep Monatzeder um mehr Wohnungen ein kalkuliertes Aufbäumen der alten Garde.

Dominik Hutter

Jetzt ist es doch noch spannend geworden: Das Rennen um die grüne OB-Kandidatur, lange Zeit eher ein Geplänkel im Schatten der Ude-Seehofer-Schlacht, hat seine kritische Phase erreicht - die etwa 1200 Münchner Parteimitglieder müssen entscheiden, welcher der drei Bewerber für die Grünen ins Rennen geht. Wie die Abstimmung ausgeht, gilt als völlig offen. Selbst grüne Spitzenpolitiker wagen angesichts der vielen Neumitglieder keine Prognose. Klar ist nur, dass es wohl auf einen Zweikampf zwischen Bürgermeister Hep Monatzeder und Stadträtin Sabine Nallinger hinausläuft. Der einstige Stadtchef Nikolaus Hoenning gilt trotz guter Auftritte bei den OB-Foren als Außenseiter.

Die Grünen für die Oberbürgermeisterwahlen in München beim ersten innerparteilichen OB-Forum: Nikolaus Hoenning, Sabine Nallinger und Hep Monatzeder (von links). (Foto: Stephan Rumpf)

Bis zum 24. Juli läuft die Frist, und der Vorstand hat sich aus Ersparnisgründen ein ungewöhnliches, in der Partei nicht unumstrittenes Verfahren ausgedacht. Um nicht zweimal Post verschicken zu müssen, wird die Stichwahl im ersten Wahlgang gleich miterledigt. Den Mitgliedern flattert ein Wahl-Brief ins Haus, auf dem gleich mehrere Kreuze gemacht werden müssen. Eines für den Favoriten im ersten Wahlgang. Und eines für jede denkbare Konstellation einer eventuellen Stichwahl: Hoenning gegen Nallinger, Hoenning gegen Monatzeder, Monatzeder gegen Nallinger. Diese völlig ungewöhnliche Prozedur nimmt den Wahlberechtigten die Möglichkeit, bei einer Stichwahl ihre Präferenzen noch einmal neu zu überdenken.

Schon jetzt herrscht in Teilen der Partei das Gefühl vor, dass mit harten Bandagen gekämpft wird. Denn Nallinger, in den OB-Foren die klare Favoritin des Publikums, muss sich inzwischen des Vorwurfs erwehren, die Arbeit der rot-grünen Koalition schlechtzureden und den Münchnern mit einer ehrgeizigen Wohnungsbauoffensive das Blaue vom Himmel zu versprechen. Der Profiteur dieses Disputs, bei dem inzwischen auch Vertreter des Koalitionspartners SPD mitmischen, könnte Monatzeder sein - und nicht wenige in der Partei glauben, dass dies kein Zufall ist. Tatsächlich hat der aus der Favoritenrolle gedrängte Bürgermeister die Debatte selber eröffnet, indem er der Konkurrentin beim zweiten OB-Forum unhaltbare Versprechungen vorwarf. Den Ball nahm sogleich die SPD auf, die sich von den oppositionsähnlichen Aussagen der Grünen-Stadträtin auf den Schlips getreten fühlte. In der Nallinger-Fraktion wird dies alles als kalkuliertes Aufbäumen des Polit-Establishments gewertet. Als Versuch, den Generationswechsel mit weiblicher Frontfigur doch noch zu verhindern. Viele Nallinger-Fans gehen davon aus, dass ihre Kandidatin bei der SPD als die gefährlichere Konkurrenz gesehen wird. Weshalb die Sozialdemokraten ein Interesse daran haben, die 48-Jährige zu beschädigen. Das ist allerdings nur eine Sicht der Dinge: Die Anhänger Monatzeders sind überzeugt, dass allein der langjährige Bürgermeister in der Lage ist, auch jenseits der typischen Grünen-Klientel nach Stimmen zu fischen und deshalb der aussichtsreichere Kandidat sei.

Nallinger hat ihre Offensive inzwischen konkretisiert. Demnach könnten in den nächsten 40 Jahren 40 000 zusätzliche kommunale Wohnungen entstehen - eine Zahl, die nach Nallingers Informationen von den städtischen Unternehmen GWG und Gewofag problemlos gestemmt werden könne. Die unterstellten 1000 Neubauwohnungen pro Jahr belasteten die Unternehmen mit einem Eigenkapital-Anteil von 45 Millionen Euro jährlich. Die Kredite müssten, wie allgemein üblich, über die Mieteinnahmen finanziert werden.

Weitere 34 000 Wohnungen, so schlägt Nallinger vor, sollen im gleichen Zeitraum von Genossenschaften hochgezogen werden. Anschließend befänden sich etwa 30 Prozent aller Münchner Mietwohnungen im Besitz von kommunalen Unternehmen oder Genossenschaften - womit dauerhaft bezahlbare Konditionen gesichert seien. In Nallingers Rechenbeispiel fehlt allerdings, was private Investoren innerhalb von 40 Jahren an Wohnraum schaffen könnten.

© SZ vom 16.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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