Tom Gerhardt in der Komödie im Bayerischen HofTurbulente Selbst-Zerlegung

Lesezeit: 2 Min.

Dackel-Fan Dieter Krause (Tom Gerhardt)  weiht den Vereinskollegen Herbert (Stephan Bieker) in seinen Putschversuch ein.
Dackel-Fan Dieter Krause (Tom Gerhardt)  weiht den Vereinskollegen Herbert (Stephan Bieker) in seinen Putschversuch ein. (Foto: Dietrich Dettmann)

Erfolgreiche Fernsehsitcom als Bühnenstück: In der Komödie im Bayerischen Hof vollzieht Tom Gerhardt als Autor, Darsteller und Regisseur einen gelungenen Humor-Transfer vom Rhein an die Isar.

Kritik von Barbara Hordych

Mit dem Humor ist es so eine Sache: Zum einen ist er subjektiv, zum anderen weist er regionale Unterschiede auf. Der deutschlandweite Siegeszug der bajuwarischen Eberhofer-Kriminalkomödien wie „Leberkäsjunkie“ oder „Weißwurstconnection“ belegte schon, dass der Humor-Export von Süd nach Nord gelingen kann.

Dass er auch in der umgekehrten Richtung als Import funktioniert, beweist die doppelte Transformation der erfolgreichen Fernsehsitcom „Hausmeister Krause“: Sie hat nicht nur die Adaption für die Bühne, die jetzt als „Hausmeister Krause - man lebt nur zweimal“ in der Komödie im Bayerischen Hof Premiere hatte, ohne Schaden überstanden. Ihr gelingt auch der Sprung vom Rhein an die Isar.

Das hängt primär mit Autor, Darsteller und Regisseur Tom Gerhardt zusammen, der hier wie dort in der bewährten Multifunktion als tyrannischer Familienvater, pedantischer Hausmeister, fanatischer Dackelliebhaber und opportunistischer Schriftführer und Kassenwart des Kölner Teckel-Clubs agiert. Ihm zur Seite steht Irene Schwarz, die ebenso wie in den acht Staffeln des Fernseherfolgs auch auf der Bühne Gerhardts Ehefrau verkörpert.

1999 gingen Tom Gerhardt und Irene Schwarz als Ehepaar Krause an den Start - jetzt führen sie ihr Fernsehleben auf der Bühne weiter.
1999 gingen Tom Gerhardt und Irene Schwarz als Ehepaar Krause an den Start - jetzt führen sie ihr Fernsehleben auf der Bühne weiter. (Foto: Dietrich Dettmann)

Von daher hat es eine gewisse Logik, dass dem Ehepaar Krause auf der Bühne jetzt der 20. Hochzeitstag bevorsteht. Während Dieter nun in Aufbegehrens-Fantasien um einen Putschversuch gegen den amtierenden Präsidenten des Teckel-Clubs schwelgt, deutet seine Lisbeth die Leckereien im Kühlschrank und Bruchstücke einer Dankesrede falsch: In der Meinung, sie gälten ihr zum Hochzeitstag, zwängt sie sich mithilfe ihrer Tochter Carmen (Franziska Ferrari) in ihr Hochzeitskleid, mädchenhaft errötend in Erwartung des bevorstehenden Abends.

Sogar die rotzfrech in rheinischem Dialekt aufspielende Tochter, bis dahin eher desillusioniert von der Ehe ihrer Eltern, beginnt an verbliebene Rest-Romantik zu glauben, ja, den Elternbund als vorbildlich zu verklären. Die Ent-Täuschung folgt selbstverständlich auf dem Fuße. Und die Torte, die Lisbeth noch schnell gezaubert hat, landet erwartungsgemäß zwar nicht im Gesicht ihres Ehemanns, aber immerhin im Konterfei von dessen Adlatus, dem naiv-begriffsstutzigen Pechvogel Herbert (Stephan Bieker).

So vorhersehbar dieser Hausmeister auf seine private und berufliche Katastrophe auch zusteuert, es ist trotzdem sehr vergnüglich, Tom Gerhardt bei seiner Selbst-Zerlegung zuzuschauen: Er beherrscht die Facetten zwischen selbstherrlichem Gehabe, devoter Zerknirschung und hypochondrischem Selbstmitleid vorzüglich. Wild grimassierend schwankt er zwischen all diesen Gefühls- und Seinszuständen, von seinen Mit- und Gegenspielern bestens mit verbalen Steilvorlagen versorgt. Höhepunkt der Farce: Krauses Degradierung durch den schneidigen Präsidenten (Stefan Preiss) zum „Napf-Wart“.

Aber auch hier darf die Katharsis nicht fehlen. In die Wege geleitet wird sie mit Entschlossenheit von dem freundschaftlich verbundenen Mutter-Tochter-Duo. Gemeinsam ziehen sie die Demontage der männlichen Spezies durch, mit all dem Tür-auf-Tür-zu-Slapstick, der im klassischen Boulevard nun mal dazu gehört. Zugegeben, ihr Racheplan ist grob gestrickt. Dennoch ist er gut getaktet und so fein ausgeführt, dass dieses Komödien-Klipp-Klapp durchaus Spaß bereitet.

Hausmeister Krause - Du lebst nur zweimal, bis 8. Februar, Komödie im Bayerischen Hof

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Jura Soyfers „Weltuntergang“ am Metropoltheater
:Zum Verderben geht’s immer in die gleiche Richtung

Das Metropoltheater zeigt Jura Soyfers „Weltuntergang“. Der 1939 im KZ Buchenwald gestorbene Autor warnte darin satirisch vor den Nazis, durchleuchtete seine Zeitgenossen. Es ist wohl Zeit, das zu wiederholen.

SZ PlusKritik von Yvonne Poppek

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: