Jahrelang hat die Stadt nur getilgt, jetzt bereitet Oberbürgermeister Dieter Reiter die Münchner auf neue Schulden vor. Angesichts der Herausforderungen der kommenden Jahre sei dies "wahrscheinlich", teilte der SPD-Politiker am Donnerstag mit. Schulden seien "nicht per se unseriös oder Ausdruck einer unsoliden Finanzpolitik" - zumal Kommunen sich lediglich für Investitionen, die der Zukunftssicherung dienen, Geld leihen dürfen.
Allerdings müsse über die Höhe erst noch diskutiert werden. Alle aktuell geplanten oder im Stadtrat diskutierten Projekte kosteten zusammengerechnet einen zweistelligen Milliardenbetrag. "Das wird es mit mir nicht geben." Reiter mahnte eine Debatte "ohne parteipolitische Brille" an, welche Investitionen entbehrlich seien. "Bisher habe ich dazu keine konkreten Vorschläge gehört".
Rathaus:Wie Münchens Haushalt in Schieflage kommt
Unerwartet hohe Ausgaben, unerwartet niedrige Einnahmen - es sieht nicht gut aus für Münchens Haushalt. Eine Übersicht über die teuren Projekte des schwarz-roten Rathausbündnisses.
Reiter reagiert mit seiner Erklärung auf die Verschiebung der eigentlich für Mittwoch angesetzten Einbringung des Haushalts für 2016. Stadtkämmerer Ernst Wolowicz hatte das Papier zurückgezogen, da es wegen steigender Ausgaben bei sinkenden Einnahmen grundlegend überarbeitet werden müsse.
Welche Einnahmen ausfallen
Es wird nun erst im November fertig sein - der für Dezember geplante Haushaltsbeschluss soll trotzdem erfolgen. Reiter räumte offiziell ein, dass der geplante 200-Millionen-Beitrag der Stadtwerke komplett ausfällt und dass die Gewerbesteuereinnahmen vermutlich geringer ausfallen. Zudem hätten die städtischen Referate allesamt höhere Budgets angemeldet. Allein die Personalausgaben seien um 100 Millionen höher als im ursprünglichen Entwurf vorgesehen.
Nach Einschätzung des Oberbürgermeisters steht München wegen des rasanten Wachstums vor den "wahrscheinlich größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte". Es gelte, Schulen, Kindertagesstätten und vor allem auch Wohnungen zu bauen.
Reiter zufolge kostet allein die Schulbauoffensive bis 2030 fast neun Milliarden Euro - bislang war stets nur von rund 4,5 Milliarden die Rede gewesen. Dazu kämen Investitionen in den Nahverkehr sowie die Sanierung von Gasteig, Stadtmuseum und Olympiapark. Es gelte nun, "sorgfältig abzuwägen, welche Vorhaben wir wann umsetzen können".
Welche Schlüsse Reiter daraus zieht
Reiter kündigt an, künftig genauer hinzusehen, welche Auswirkungen die Beschlussvorlagen der Referate auf den städtischen Haushalt haben. Speziell bei Forderungen nach zusätzlichem Personal gelte es, genau zu prüfen. Zudem soll eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe alle geplanten, beschlossenen und diskutierten Vorhaben der Stadt sichten und bewerten.
Der Kreis, dem neben Reiter Personalreferent Thomas Böhle, Kämmerer Ernst Wolowicz sowie die jeweiligen Fachreferenten angehören, erarbeitet Sparvorschläge, die dann Mitte nächsten Jahres in einem interfraktionellen Arbeitskreis diskutiert werden. Reiter bestreitet, dass über München der Pleitegeier kreist. "Ich stehe weiter für eine solide und verantwortungsvolle Finanzpolitik."