Süddeutsche Zeitung

Hasenbergl:Auf Zickzack-Kurs

Die SPD-Forderung nach einer Erhaltungssatzung für das Viertel setzt sich im Bezirksausschuss nicht durch. Die entscheidende Gegenstimme kommt von der München-Liste, die den Vorstoß im Stadtrat aber unterstützen will

Von Jerzy Sobotta, Hasenbergl

Die Frage, wie man Mieter am nördlichsten Stadtrand von München besser schützen kann, spaltet den Bezirksausschuss (BA) Feldmoching-Hasenbergl. Die SPD hat in der jüngsten Sitzung des Stadtviertelgremiums einen Antrag auf eine Erhaltungssatzung im Hasenbergl gestellt und damit eine heftige Debatte über die richtigen Mittel zur Unterstützung von Mietern ausgelöst, die in sanierungsbedürftigen Wohnungen leben - und davon gibt es im Hasenbergl viele. Denn zahlreiche Wohnblocks waren in den Sechzigerjahren erbaut worden.

In Gebieten, für die der sogenannte Milieuschutz gilt - das sind in München derzeit 29 - hat die Stadt ein besonderes Mitspracherecht. Sie kann etwa Luxusmodernisierungen verbieten und hat ein Vorkaufsrecht auf Grundstücke. "Damit soll der Schutz der Mieter bei Nachverdichtung, Neubau und Sanierung verbessert werden und unangemessene Mieterhöhungen ausgeschlossen werden", begründet die SPD ihren Antrag. Ihr Fraktionssprecher Klaus Mai sieht in der Unterstützung sogar eine Pflicht "aller Demokraten zum Schutz der Mieter". Der Antrag war eine direkte Reaktion auf einen Streit zwischen dem Großvermieter Alfons Doblinger, dem die WSB Bayern gehört, und seinen Mietern an der Paulckestraße. Wegen der geplanten Sanierung eines Wohnhochhauses fürchteten mehr als 70 Mieter um ihre Wohnungen. Der Streit wurde jüngst mit einer Einigung beigelegt. Doch Lokalpolitiker und Mietrechtsaktivisten fürchten ähnliche Konflikte bei den Sanierungen vieler anderer Wohnhäuser im Hasenbergl.

Mit ihrem Antrag schließt sich die örtliche SPD einer Forderung der Linken/Die Partei an, die bereits im Januar im Stadtrat eine Erhaltungssatzung für weite Teile des Hasenbergls beantragt hatte. Die SPD erweitert dieses Gebiet nun abermals um die städtische GWG-Siedlung ganz im Norden des Viertels. Zur Abstimmung ist der Antrag der Linken im Stadtrat noch nicht gekommen. Dafür wäre die Unterstützung aus dem örtlichen Bezirksausschuss ein wichtiges Zeichen.

Das wird es aber nicht geben. Grund dafür ist der Widerstand der Fraktionen von CSU, München-Liste, AfD und FDP. Sie lehnten mit 14 gegen 13 Stimmen den Antrag knapp ab. Grüne, SPD und FW/ÖDP unterlagen. Aus Sicht der CSU würden Sanierungen durch eine Erhaltungssatzung erschwert. "Etwa in Hochhäusern ohne Aufzug. Dort würde es unmöglich werden, ihn nachzurüsten. Da geht es um Barrierefreiheit", sagte Bettina Obersojer (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses Bauleitplanung und Verkehr. SPD-Mann Mai entgegnete: "Die Kosten dafür werden auf die Mieter abgewälzt. Die Leute werden so aus ihren Wohnungen heraussaniert."

Stattdessen erklärte die CSU, für das Hasenbergl ein anderes Mittel zu beantragen: den Status eines Sanierungsgebiets. Teile des Viertels waren bereits Anfang der Neunzigerjahre zum Sanierungsgebiet erklärt und 1999 in das Förderprogramm "Soziale Stadt" von Bund und Land aufgenommen worden. Damit konnte Geld für Bau- sowie für Sozialprojekte abgerufen werden: Grünanlagen und Plätze wurden neu gestaltet, ein Ladenzentrum entstand sowie Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Das Projekt wurde im Oktober 2009 nach fast 20 Jahren für beendet erklärt. Insgesamt sind in diesem Zeitraum rund 15,6 Millionen Euro an öffentlichen und privaten Geldern ins Hasenbergl geflossen.

Die Grünen zeigten sich offen für ein Sanierungsgebiet - über das noch nicht abgestimmt wurde. Allerdings stünde es nicht im Widerspruch zu einer Erhaltungssatzung. "Beide Mittel ergänzen sich gut", sagte Hans Kübler (Grüne). Grünen-Fraktionssprecherin Christine Lissner zeigte sich enttäuscht über die Haltung der CSU: "Luxusmodernisierungen sollen im Hasenbergl nicht stattfinden. Das sollte in unser allem Interesse sein." Allein der Appell half nicht. Die ausschlaggebende Gegenstimme kam von Dirk Höpner (München-Liste), der einen Zickzack-Kurs einschlug: Er stimmte im BA gegen die Erhaltungssatzung. Zugleich kündigte er an, im Stadtrat - wo die endgültige Entscheidung fällt - dafür zu stimmen.

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SZ vom 22.02.2021
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