Währung:Die D-Mark hält sich hartnäckig

Immer noch werden D-Mark in Euro getauscht

Seit fast 15 Jahren vom Euro abgelöst, aber immer noch in vielen Haushalten zu finden: die D-Mark.

(Foto: Bernd Wüstneck/dpa)
  • Fast 16 Jahre sind vergangen, seit der Euro die D-Mark als Zahlungsmittel abgelöst hat.
  • Ganz verschwunden ist die alte Währung allerdings immer noch nicht: Sie taucht in alten Geldbeuteln auf, bei Haushaltsauflösungen oder in den Kästen der stummen Zeitungsverkäufer.
  • Bei der Bundesbank kann man die Münzen und Scheine loswerden.

Von Marco Wedig

In Sporttaschen, Rollkoffern und Plastiktüten wird sie hierher gebracht. Manch einer hat sie sogar in einen Frischhaltebeutel gefüllt - auch wenn sie alles andere ist als frisch: die Deutsche Mark. Es ist 10 Uhr morgens, ein typischer Vormittag in der Münchner Filiale der Deutschen Bundesbank.

Am Kassenschalter stehen einige Kunden in der Schlange. Fast jeder zweite von ihnen ist in den Norden Schwabings gekommen, um alte D-Mark-Bestände umzutauschen. Andreas Greiser zum Beispiel. Warum erst jetzt? "Ich wohne um die Ecke", sagt er. "Ein Familienmitglied, das außerhalb wohnt, hat noch D-Mark in einem alten Portemonnaie gefunden." Es sei allerdings kein großer Betrag gewesen. Mit 40 Euro tritt Greiser den Heimweg an.

Für 1,95583 D-Mark erhält man einen Euro. Das gilt heute noch wie damals. Fast 15 Jahre ist es her, dass die Euro-Starterkits im Wert von 10,23 Euro ausgegeben wurden. Nachdem der Euro bereits drei Jahre früher als Buchgeld eingeführt worden war, löste er die D-Mark am 1. Januar 2002 auch als Bargeld ab. Clara Schumann und Balthasar Neumann, die von den 100- und 50-Mark-Scheinen lächelten, wichen Toren und Fenstern unterschiedlicher europäischer Baustile.

Viele Deutsche tauschten ihre Scheine und Pfennige bald um, behielten vielleicht die ein oder andere Münze als Andenken. Den Glückpfennig war man gewohnt, der Glückscent musste sich ja erst noch etablieren. Das erklärt aber nicht, warum die Deutsche Bundesbank davon ausgeht, dass immer noch 12,65 Milliarden D-Mark bisher nicht zurückgeflossen sind. Davon knapp sechs Milliarden in Banknoten, der Rest in Münzen.

Für viele Menschen, die in die Filiale der Bundesbank kommen, hat der D-Mark-Fund einen traurigen Anlass. Eine Frau in der Schlange sagt, dass sie das Geld in der Wohnung ihrer jüngst verstorbenen Mutter gefunden habe. Diese habe das Geld versteckt, "wie es alte Leute so machen". Auch ein anderer Kunde erzählt von einem Todesfall in der Familie. Die gefundene Bargeldmenge habe einen Wert, "dass sich der Weg hierhin gelohnt hat", sagt der Mann.

Laut Reiner Pillep, dem Leiter der Münchner Bundesbank-Filiale, kommen jeden Tag etwa 50 Kunden in die Leopoldstraße 234, um ihre D-Mark-Bestände in Euro zu tauschen. Dabei liegt der durchschnittliche Betrag bei etwa 650 Mark. "Deutschlandweit flossen im letzten Jahr rund hundert Millionen D-Mark zurück. Diese Zahl hat sich in den vergangenen Jahren rückläufig entwickelt", sagt Pillep. Es werde aber nie alles zurückfließen. Manches bleibe in Sammlerhänden, manches sei unfreiwillig vernichtet worden, beispielsweise bei Wohnungsauflösungen.

Die Münzsammler sterben aus

Anders bei Werner Stützer. Als er vor Kurzem die Wohnung seines Onkels auflöste, fielen ihm noch ein paar Fünf-Mark-Münzen in die Hände. Und dann bringt Stützer den Beweis dafür, dass die D-Mark nicht nur in Sofaritzen vor sich hinvegetiert, sondern tatsächlich auch noch im Umlauf ist. Er betreibt einen Kiosk. Manch einer von Stützers Kunden würde ihm beim Bezahlen noch ein paar alte Münzen unterjubeln. "Heute habe ich Zeit und das Wetter ist schlecht", deswegen ist er endlich mal zur Bundesbank gekommen.

Es scheint, als wäre der Währungsumtausch für manche etwas Lästiges, das man lange vor sich herschiebt, wie ein altes Möbelstück, das im Keller herumsteht und mal zum Wertstoffhof gebracht werden müsste. Für andere wiederum brauchte es ein paar Jahre der Einsicht, dass sich mit dem alten Geld kein Geld mehr verdienen lässt.

Da ist zum Beispiel der Mann, der im Foyer der Bundesbank sitzend seine eingerollten Fünf- und Zehn-Mark-Gedenkmünzen vom Papier befreit. Eingerollt kann die Zählmaschine sie nämlich nicht verarbeiten. Er habe gehofft, dass die Gedenkmünzen irgendwann im Wert steigen würden. Doch: "Heute sitzen die Leute ja nur noch vorm Computer und sammeln keine Münzen mehr", sagt er. Immerhin könne er die Münzen noch umtauschen. Bei alten D-Mark-Briefmarken gehe das ja nicht mehr.

Gleiches gilt übrigens auch für Banknoten und Münzen, die vor dem 20. Juni 1948 emittiert wurden und für die 1951 geprägte Zwei-Mark-Münze. Die grüne 50-Mark-Note, Serie II, die 1948 von der Bank deutscher Länder ausgegeben wurde, lässt sich wiederum nur mit einem Erstattungsantrag bei der Bundesbank einreichen. Alle anderen Noten und Münzen lassen sich zeitlich und betraglich unbegrenzt umtauschen - auch auf dem Postweg, adressiert an die Filiale in Mainz.

Das dürfte vor allem für Menschen, die im Ausland wohnen, praktisch sein. Denn: "Man muss auch bedenken, dass die D-Mark in Osteuropa eine Parallelwährung darstellte. Ob und wann das Geld, das dort im Umlauf war, zurückfließen wird, ist ungewiss", sagt Filialleiter Pillep.

Gewiss ist hingegen, dass einige von Phillip Lönings D-Mark-Münzen nie den Weg zur Bundesbank finden werden. 60 D-Mark hat er von seiner Oma geerbt. Einen Teil davon tauscht er um. Einen Teil aber behält der junge Mann. "Von jeder Münzsorte eine - um sie später mal meinen Kindern zeigen zu können."

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