Harlaching:Testgebiet Menterschwaige

Harlaching: Der Nachbar rückt auf: ein Fall von Nachverdichtung im Wohngebiet rund um die Menterschwaige aus dem Jahr 2012.

Der Nachbar rückt auf: ein Fall von Nachverdichtung im Wohngebiet rund um die Menterschwaige aus dem Jahr 2012.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Rahmenpläne sollen Ersatz für die gerichtlich gekippte Gartenstadtsatzung werden. Die Lokalpolitiker sind skeptisch

Von Julian Raff, Harlaching

Eine betongraue Zukunft für Münchens grüne Wohnoasen befürchten Kritiker der Nachverdichtung, seit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) vor anderthalb Jahrzehnten die Gartenstadtsatzung gekippt hat. Auf der Suche nach einem mit Abstandsregeln und sonstigem Recht vereinbaren Ersatzinstrument setzen Stadtrat und Verwaltung seit 2015 auf Rahmenpläne. Als "Testgebiete" aus insgesamt 6000 Hektar Gartenstadt-Fläche hat die Stadt in einem ersten Schritt die Gegenden um die Senftenauer Straße in Laim, Waldtrudering und Harlaching/ Geiselgasteig herausgepickt.

Bei der Vorstellung im Harlachinger Bezirksausschuss gingen die Meinungen über den Nutzen auseinander, zwischen "Papiertiger", so Peter Ödinger (CSU), und einem "erst einmal weichen Instrument, das in ein sehr hartes Instrument umschlagen kann", wie es Steffen Kercher vom Planungsreferat formulierte. Zusammen mit seinem Kollegen Matthias Beck umriss Kercher die Vorgaben fürs Testgebiet Geiselgasteig, das vom Nordende der Gabriel-Max-Straße bis zur Meichelbeckstraße im Süden reicht beziehungsweise von der Geiselgasteigstraße bis zum Isarhang. Für Auswärtige bildet der Biergarten Menterschwaige das Zentrum des Gebiets. Für die Anwohner sollte der Mittelpunkt nach den Vorstellungen der Stadtplaner das östlich angrenzende Grünkarree des Schmorellplatzes werden, mit verbesserter "Gestalt- und Aufenthaltsqualität".

Mehr als eine gestaltende öffentliche Hand wüschen sich Anwohner aber eine ordnende, besser gesagt, bremsende gegenüber neuen Bauvorhaben. Dabei geht es weder ihnen noch den Stadtplanern um den Erhalt einer reinen Villenkolonie: Wie Beck ausführte, erlebte die Gegend etwa von 1975 an einen erste Verdichtungsschub mit zahlreichen dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern. Dennoch dominieren dort "solitärhafte Gebäude in parkartiger Fläche" mit maximal 400 Quadratmetern Grundfläche, die zugleich das Leitbild für die Zukunft abgeben. Ausreißer, wie ein Neubau an der Meichelbeckstraße, der 95 Prozent der Grundfläche überdeckt und den kompletten Baumbestand schluckt, waren bisher nicht zu verhindern.

Sie dürften es, so die Befürchtung im BA, auch künftig nicht sein, wenn man Bauträgern nur Broschüren zum gartenstadtverträglichen Bauen in die Hand drücke. Auf diese Weise und mit zusätzlicher mündlicher "Gartenstadt-Beratung" will die Stadt künftig erst einmal auf Bauwerber zugehen. Wie Kercher dem skeptischen BA versicherte, müsse mit härteren Schritten rechnen, wer den so gesteckten Rahmen nicht einhalten will. Bebauungspläne samt Veränderungssperre behalte sich die Stadt jederzeit vor, aber als zweiten Schritt, falls die mehr oder weniger freiwillige Einigung scheitere. Das Planungsreferat nimmt derzeit drei weitere Testgebiete ins Visier, in Pasing östlich der Exter-Siedlung, in der Ramersdorfer Heimstättensiedlung und in Holzapfelkreuth.

Der Harlachinger Rahmenplan soll 2019 vom Stadtrat beschlossen werden und spätestens 2020 in Kraft treten. Sebastian Weisenburger (Grüne) mahnte zur Eile, ansonsten könnten sich Bauträger angespornt fühlen, zuvor noch schnell umfangreiches Baurecht durchzudrücken. Andreas Babor (CSU) sieht das Problem weniger in der Baudichte als im Grünfraß. Er zitierte einen VGH-Urteilsspruch, der das Prinzip "Baurecht bricht Baumrecht" bestätige. Auf Babors Vorschlag begrüßt der BA die Rahmenplanung zwar einstimmig, fordert aber langfristig ein "durchsetzbares Instrumentarium" in Form von Satzungen.

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