Harlaching:Denkmalpfleger geben Rückendeckung

Harlaching: Gewachsene und neue Gebäudestrukturen gehen in der Gartenstadt Harlaching nicht immer gut zusammen, kritisieren Bürger.

Gewachsene und neue Gebäudestrukturen gehen in der Gartenstadt Harlaching nicht immer gut zusammen, kritisieren Bürger.

(Foto: Robert Haas)

Um den Charakter der Gartenstadt Harlaching oberhalb des Tierparks zu schützen, bekommen Bürger und Lokalpolitiker überraschend amtliche Unterstützung. Bausünden können trotzdem nicht gänzlich verhindert werden

Von Julian Raff, Harlaching

Gegen die Verdichtung der Gartenstadt haben Proteste von Bürgern und Lokalpolitikern bisher ebenso geholfen wie Bauvorschriften. Nun erhalten der Bezirksausschuss (BA 18) und die Bürgerinitiative Gartenstadt Harlaching zusätzlich amtliche Rückendeckung: Das Landesamt für Denkmalpflege hat im Sommer eine drei Jahre alte Anregung des BA aufgegriffen und weist ein oberhalb des Tierparks gelegenes Gebiet zwischen Harlachinger Berg und Theodolindenplatz als schutzwürdiges Ensemble aus. Der Ensembleschutz reicht von der "Harlachinger Einkehr" im Norden bis zur Isenschmidstraße/Höhe Theodolindenplatz im Süden. Die Westgrenze bildet der steile Isarhang, im Osten wird das Ensemble zuerst durch die Lindenstraße begrenzt, weiter im Süden durch eine Grundstücklinie zwischen Ulmen- und Geiselgasteigstraße. Bei einer Begehung im März überzeugten sich die Denkmalschützer davon, dass ein Großteil der rund 80 Ein- und Mehrfamilienhäuser noch immer im Stil der Gartenstadt steht, wie sie deren Pionier, Bauunternehmer Jakob Heilmann, Anfang des 20. Jahrhunderts im Sinn hatte und wie sie Gabriel von Seidls Bebauungsplan von 1909 vorzeichnet. Das Straßennetz ist dort bewusst ebenso unregelmäßig geschnitten wie die Grundstücksgrößen- und Formen.

Die meisten der freistehenden Villen entstanden bis in die 1930er-Jahre, teils geprägt vom "Reformstil", teils nach individuellen Wünschen der Bauherren. Als grüner Vorort auf zuvor ländlichem Gebiet dokumentiert das Gebiet auch Münchens Entwicklung zur Großstadt, schreibt das Landesamt. Dass es auch hier zunehmend urban zugeht, ist den Experten von Landeshauptstadt, Oberer und Unterer Denkmalschutzbehörde auf ihrer Tour im Frühjahr natürlich nicht entgangen. Vor allem an der nördlichen Hochleite und an der Lindenstraße listen sie insgesamt 16 "Störungen" des Ensembles auf. Komplett verhindern kann der Ensembleschutz Bausünden auch künftig nicht - falls man, im Sinne der Alteingesessenen, dichtere Bebauung mit mehr Wohnraum überhaupt so nennen will. Einzelgebäude sind nicht automatisch geschützt, die Lokalbaukommission behält hier auch weiterhin großen Spielraum. Nehmen die Ausreißer überhand, kann der Ensembleschutz auch kippen - so geschehen im Münchner Süden, jenseits der Isar, als der Landesdenkmalrat im Juli 2011 dem Thalkirchner Dorfkern den Schutzstatus entzog. Der BA hofft natürlich trotzdem auf ein scharfes Schwert und begrüßt die Entscheidung einstimmig. Noch lieber sähen die Stadtviertelvertreter ganz Alt-Harlaching westlich der Geiselgasteigstraße, bis hinab zur Großhesseloher Brücke/Holzkirchner Straße geschützt. Hier stehen noch mindestens ebenso viele historische Villen wie im beschlossenen, nördlichen Schutzgebiet.

Um dem einstimmigen Wunsch und Forderungen aus der Bürgerversammlung nachzukommen, müssten die Behörden allerdings ein ganzes Stadtviertel unter Schutz stellen, beziehungsweise einen Streifen von rund 2,4 Kilometern Länge und 550 Metern Breite. Südöstlich des neuen Schutzgebietes haben die Experten unterdessen ein weiteres bewahrenswertes Stück Harlaching entdeckt, das der BA aber nicht über die Köpfe der Bewohner hinweg geschützt sehen möchte: Eine knapp 110 Jahre alte Reihenhausanlage an der Reinerstraße 6-20, nahe dem Klinikum Harlaching, soll als Einzeldenkmal eingetragen werden, da komplett im "Heimatstil" des frühen 20. Jahrhunderts erhalten. Wegen der strengen Auflagen, hatten einzelne Bewohner im BA gegen die Entscheidung protestiert, allerdings finden sich in der kleinen Siedlung auch Fürsprecher. Der BA empfiehlt dem Landesamt und dem Münchner Planungsreferat daher, erst einmal eine Einwohnerversammlung mit den Betroffenen abzuhalten.

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