Urteil:Freispruch im Hantel-Prozess

Prozess um Mordversuch mit Hantel endet mit Freispruch

Die Angeklagte mit ihren Rechtsanwälten

(Foto: dpa)
  • Angelika S. wurde vorgeworfen, ihren damals noch Minderjährgen Sohn angestiftet zu haben, den Vater zu erschlagen.
  • Das Landgericht hat die 50-Jährige nun freigesprochen.
  • Die Richter hatten Zweifel an der Erinnerung des Sohnes.

Von Andreas Salch

Es muss rumort haben in Horst S. Anfang Juni 2013 erlitt der Polizeibeamte und Vater von drei Kindern einen Nervenzusammenbruch bei der Arbeit und sprach plötzlich aus, was ihn offenbar innerlich völlig zermürbt hatte. Es klang ungeheuerlich. Seine Frau soll geplant haben, ihn zu ermorden. Von dem angeblichen Komplott hatte der 54-Jährige Wochen vor dem Zusammenbruch von seinem jüngsten Sohn Patrick erfahren. Die Ehe von Horst S. und seiner Frau stand im Jahr 2008 wegen diverser Affären und ständiger Streitigkeiten vor dem Aus.

In dieser Situation soll Angelika S. ihren damals jüngsten und noch strafunmündigen Sohn Patrick dazu eingesetzt haben, ihren Ehemann aus dem Weg zu räumen. Der Bub sollte den Vater mit einer 1,5 Kilogramm schweren Hantel beim Abendessen in der gemeinsamen Wohnung im Landkreis Dachau hinterrücks erschlagen. Der Chef von Horst S. meldete nach dem Nervenzusammenbruch alles der Kriminalpolizei. Da Angelika S. nicht in Untersuchungshaft saß, fand der Prozess erst jetzt vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II statt und endete am Freitag mit einem Freispruch für die 50-Jährige.

Sechs Tage verhandelte die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Thomas Bott diesen bizarren Fall, der bisweilen tragikomische Züge hatte und in dem es menschelte, wie sonst nie in einem Prozess vor einer Schwurgerichtskammer.

Nachdem die Staatsanwaltschaft begonnen hatte zu ermitteln, musste Patrick S. vor einem Ermittlungsrichter aussagen. Da die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre zurücklag, so Richter Bott bei der Urteilsbegründung, stelle sich die Frage, wie "belastbar" die Erinnerung von Patrick S. damals noch waren. Die Kammer habe "nicht mit Sicherheit feststellen können", ob der inzwischen 23-Jährige von seiner Mutter einen "konkreten Auftrag" für die Hantel-Attacke erhalten habe. Deshalb sei "höchste Vorsicht geboten" und die Angeklagte "im Zweifel" freizusprechen, so der Vorsitzende. Patrick S. berief sich in dem Prozess auf sein Zeugnisverweigerungsrecht.

Trotz des angeblichen Mordkomplotts haben sich Horst und Angelika S. wieder zusammengerauft. Seine Frau sei ein "herzensguter Mensch", versicherte der Polizeibeamte den Richtern. Ihre Pläne, ihn aus dem Weg zu schaffen, seien nur "Fantastereien" gewesen. Gleichwohl soll die 50-Jährige mit ihren Kindern unter anderem recht konkret darüber geredet haben, blauen Klostein in einen Blue Curaçao für den Vater zu mischen, oder ihn bei einem "Indianerspiel" im Wald zu strangulieren. Angelika S. beteuerte, hierbei habe es sich um "Frustgespräche" gehandelt, die sie mit den Kindern wegen der vielen Streitigkeiten mit ihrem Mann geführt habe.

Staatsanwältin Cathrin Rüling forderte, die 50-Jährige zu sechs Jahren Haft wegen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft zu verurteilen. Patrick S. habe die Tat beim Ermittlungsrichter eingeräumt, so Rüling und sogar erklärt: "Meine Erzählungen sind keine Hirngespinste." Die drei Verteidiger von Angelika S. forderten, ihre Mandantin freizusprechen. Rechtsanwalt Christian Langgartner sagte, das Verhalten der Angeklagten sei "menschlich verwerflich, aber keine Straftat". Während der Ermittlungen hatte die Kriminalpolizei das Telefon von Angelika S. abgehört. In einem Gespräch, das der damalige Freund ihrer Tochter mit ihr führte, räumte sie ein, es habe einen "Hintergrundgedanken" gegeben, den Vater aus dem Weg zu räumen. Der Freund erwiderte: "Das ist doch Hollywood. Das ist echt ein Hollywood-Scheißdreck."

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