Kritik:Zukunftsmusik für den Frieden

Kritik: Der Filmkomponist Hans Zimmer (hier bei einem Auftritt der aktuellen Tour in Mailand) spielt diverse Tasteninstrumente, Gitarre und Banjo auf der Bühne.

Der Filmkomponist Hans Zimmer (hier bei einem Auftritt der aktuellen Tour in Mailand) spielt diverse Tasteninstrumente, Gitarre und Banjo auf der Bühne.

(Foto: Alessandro Bremec/AP)

Der Filmkomponist und frisch gekürte Oscar-Gewinner Hans Zimmer ruft beim Konzert mit dem Odessa Opera Orchestra in der Olympiahalle zu einem Miteinander auf.

Von Dirk Wagner, München

"Ich bin wieder zuhause!", begrüßt der in Frankfurt geborene Hollywoodstar Hans Zimmer das Münchner Publikum in der nahezu ausverkauften Olympiahalle. Später unterstreicht der weltweit gefeierte Komponist solches Heimatgefühl noch augenzwinkernd damit, dass er kurz in bayerischer Lederhose und mit Trachtenhut posiert. Doch sein eigentliches Zuhause ist die Musik, die er vor allem als Filmmusik schafft. Vor zwei Wochen, als er mit Band und Orchester schon auf Europa-Tournee war, erhielt er seinen zweiten Oscar für die beste Filmmusik. 1995 hatte er ihn schon einmal für den "König der Löwen" erhalten. Diesmal wurde seine Musik für den Science-Fiction-Blockbuster "Dune" gewürdigt, die nun auch das Konzert einleitet. Ein Konzert, das sich auch aus Zimmers anderen Film-Scores, also -Kompositionen, speist, die neu arrangiert zu musikalischen Suiten verdichtet wurden.

Wo im originalen "Dune"-Soundtrack dreißig Dudelsäcke zum Einsatz kamen, genügen in der Olympiahalle acht Sackpfeifenspieler, die den von Guthrie Govan auf der Gitarre nachgebildeten Dudelsacksound verstärken. Das kann britisch-royale Assoziationen wecken. Weil Zimmers Soundtrack zu "Dune" die Zukunft aber nicht als eine euro-zentrische versteht, wie es andere Science-Fiction-Scores mit ihren Bezügen zur europäischen Klassik oft genug behaupten, sind seine Sackpfeifen vielmehr solche, die sich seit der Antike auch in anderen Kulturen entwickeln konnten. Ebenso wie die unterschiedlichen Holzblasinstrumente einschließlich der armenischen Duduk, denen Pedro Eustache Klänge entlockt, die weit über herkömmliche Musikvorstellungen hinausgehen. Regelrechte Klangskulpturen bildet sein Atem, auf die Eustache dann auch noch Vokale setzt, die er in eine Bassflöte hineinsingt.

Zimmers Musik bietet allen Menschen ein Zuhause

Hans Zimmer, der selbst auf der Bühne Gitarre, Banjo, Keyboard und einen Modular-Synthesizer spielt, beschäftigt zahlreiche solcher Ausnahmemusiker in seinem Ensemble. Bis hin zu Loire Cotler, deren außergewöhnlich rhythmischer Gesangsstil wesentlich dazu beiträgt, dass die Musik für "Dune" sich von der Dominanz einer westlichen Tradition verabschieden konnte. Und damit wird sie auch zu einem politischen Statement, weil Zimmer die Weltgeschichte als die Geschichte aller Menschen und derer Kulturen begreift. Dass das für die Tournee gebuchte Odessa Opera Orchestra aus der Ukraine wegen des Krieges nicht vollständig ist und nun von befreundeten Musikern ergänzt wird, ist darum nur ein weiterer Grund für Zimmer, zu einem Miteinander aufzurufen. Die Aufschrift "Peace" auf seinem T-Shirt mag da ebenso wie die ukrainisch blau-gelbe Beleuchtung zum Konzertbeginn auf Putins Angriffskrieg antworten. Doch Zimmers Musik mit ihren ethnischen Einflüssen hat längst die Grenzen überwunden, die Kriege sinnvoll erscheinen lassen. Damit bietet sie allen Menschen ein Zuhause.

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