Michaeli-Gymnasium:Diese Handy-Regeln haben sich die Schüler selbst auferlegt

Handy im Unterricht

Schüler dürfen ihre Handys in der Schule nur im Rahmen des Unterrichts nutzen - am Michaeli-Gymnasium gilt das nicht mehr.

(Foto: Jens Kalaene/dpa)
  • Lehrer, Eltern und Schüler am Michaeli-Gymnasium wollten das Handy-Verbot an der Schule lockern.
  • Das Gymnasium in Berg am Laim ist eine von bayernweit 135 Schulen, die eigene Regeln erproben dürfen.
  • Die konkreten Regeln hat am Ende das Schulforum, also Vertreter von Schülern, Eltern und Lehrern, einstimmig beschlossen.

Von Jakob Wetzel

Laissez-faire herrscht auch in Zukunft nicht am Münchner Michaeli-Gymnasium, im Gegenteil: Die neuen Regeln, auf die sich Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte geeinigt haben, sind sogar ziemlich streng. Schüler dürfen zwar ab dem 1. April ihre Handys privat in der Schule benutzen. Doch erlaubt ist ihnen das erst ab der neunten Klasse, die Eltern müssen zustimmen, und es gibt auch nur zwei erlaubte Orte dafür: die Aula und, ab der elften Jahrgangsstufe, das Oberstufenzimmer.

Verwenden dürfen sie die Geräte dort nur zwischen 13 Uhr und 14.30 Uhr. Und in dieser Zeit dürfen die Schüler auch nicht tun, was sie wollen. Sie dürfen zwar zum Beispiel in den Klassenchat schreiben oder mit Kopfhörern Musik hören. Musik über die Lautsprecher abzuspielen ist aber tabu. Verboten sind auch Videos, Bild- und Tonaufnahmen sowie Handyspiele.

Und doch dürfen die Schüler mehr als andere. Denn außerhalb des Unterrichts Handys zu verwenden, ist in bayerischen Schulen eigentlich gesetzlich verboten. Das Michaeli-Gymnasium mit seinen etwa 1300 Schülern aber darf zwei Jahre lang eine Ausnahme machen. Die Schule in Berg am Laim ist eine von bayernweit 135 Schulen, die eigene Regeln erproben dürfen, drei davon in München. Das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung begleitet das Experiment. Am Ende wird entschieden, wie es weitergeht.

Die Regeln am Michaeli-Gymnasium haben großteils die Schüler selbst erarbeitet. In Arbeitsgruppen haben sie und Lehrer immer wieder diskutiert. Und schnell wurde klar, dass viele Schüler eher gemäßigte Vorstellungen davon hatten, was sie künftig dürfen wollten. Die Unterstufe etwa habe freiwillig verzichtet, erzählt Lennard Kempa, Klassensprecher der 9 f, der sich in den Prozess stark eingebracht hat: "Sie haben gesagt, sie seien noch nicht bereit, die Verantwortung zu tragen", sagt er. Und es habe auch keine große Debatte etwa darüber gegeben, dass das Fotografieren verboten bleiben soll, ergänzt Schülersprecher Luis Mayer aus der 10 c. Wegen des Datenschutzes, sagt er. "Das ist im Bewusstsein der Schüler schon da."

Dass die Schüler Respekt vor den sozialen Medien haben, liege auch an den pädagogischen Begleitmaßnahmen der Schule, sagt Diana Wunder, Koordinatorin für Medienbildung. Das Gymnasium ist eine sogenannte Referenzschule für Medienbildung; es gibt einen interdisziplinären Lehrplan zum Umgang mit modernen Medien, und in jeder Jahrgangsstufe gibt es Projekte, in denen Referenten oder auch ältere Schüler über Risiken und Möglichkeiten der neuen Medien aufklären. Vieles davon sei in die Schulvereinbarung eingeflossen, sagt Wunder. In der achten Klasse soll es nun ein zusätzliches Präventionsprojekt geben, dass auf die Teilnahme am Schulversuch vorbereiten soll.

Die konkreten Regeln hat am Ende das Schulforum, also Vertreter von Schülern, Eltern und Lehrern, einstimmig beschlossen. Zusätzlich gibt es eine neue Schulvereinbarung. Die Schüler, heißt es hier unter anderem, müssten ihre persönlichen Daten schützen. Konflikte sollten sie im direkten Gespräch klären, nicht online. Und sie sollten ihr eigenes Verhalten überprüfen, etwa ob sie die empfohlenen zeitlichen Puffer einhalten. Nach dem Lernen etwa sollten 30 Minuten ohne Medien vergehen, bei Hausaufgaben, während des Essens und eine Stunde vor dem Schlafengehen sollten Handys ebenfalls ausgeschaltet sein.

Michaeli-Gymnasium: Johannes von der Forst, Mitarbeiter im Direktorat, koordiniert den Versuch.

Johannes von der Forst, Mitarbeiter im Direktorat, koordiniert den Versuch.

(Foto: Robert Haas)

Das Gelernte würde sonst durch die Medien verdrängt, erklärt Johannes von der Forst, Mitarbeiter im Direktorat des Michaeli-Gymnasiums. Der Effekt sei durch Studien belegt. Pflichten erlegt die Schulvereinbarung aber auch den Lehrern auf, und ebenso den Eltern. Diese, heißt es da unter anderem, sollten sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein. Und Konflikte der Schüler untereinander sollten sie nicht privat klären, sondern sich an Lehrer, Sozialpädagogen und die Schulleitung wenden.

Ob die Regeln befolgt werden, wird das Gymnasium nicht systematisch kontrollieren. "Es basiert auf Vertrauen, wie die ganze Schule", sagt Diana Wunder. Die Schule reagiere, wenn sie auf Verstöße aufmerksam gemacht werde, so wie bisher, ergänzt von der Forst. Dazu gibt es weiß-grüne Aufkleber, auf denen Eltern sowie Klassen- und Schulleitung unterschreiben müssen: Nur Handys, die mit diesen Stickern markiert sind, dürfen in der Schule verwendet werden. Von der Forst hat für den Anfang 300 Aufkleber drucken lassen.

Unumstritten ist der Versuch freilich nicht. Handys und soziale Medien seien ein emotional aufgeladenes Thema, sagt Wunder. Als sich die Schule im vergangenen Jahr entschied teilzunehmen, gab es kontroverse Debatten im Lehrerzimmer, und auch jetzt sei wieder sehr grundsätzlich diskutiert worden, sagt von der Forst. Auch Eltern hätten sich skeptisch zu Wort gemeldet. Und unter Schülern gibt es ebenfalls Kritik. Sie hätten zwar intensiv erklärt, wie viel Arbeit in den Regeln stecke, sagt Schülersprecher Mayer. Trotzdem störten sich einige daran, dass man die Handys für vieles nicht benutzen dürfe, sagt Kempa. In den achten Klassen, die gerade so noch nicht mitmachen dürfen, fühlten sich einige ungerecht behandelt. Und es heiße, die Uhrzeiten seien unfair: Manche Klassen hätten schließlich zwischen 13 Uhr und 14.30 Uhr mehr Unterricht als andere; also hätten nicht alle Schüler gleich viel Zeit für ihre Handys.

Der Schulversuch sei eben ein basisdemokratisches Projekt, schwärmt Diana Wunder: Es mache zwar viel Arbeit, habe aber auch einen besonderen Reiz. Man könne Neues ausprobieren und müsse dabei keine Angst haben, das etwas misslinge. "Wenn die Schüler jetzt alle handysüchtig würden, wäre es ja nicht verboten, wieder zur alten Regelung zurückzukehren."

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