Handel:Münchner Märkten fehlen die Händler

Viktualienmarkt

Die Wirtschaftshistorie der Stadt ist auch eine Geschichte der Märkte und ihrer Händler.

(Foto: Florian Peljak)

Warum immer weniger Händler Obst, Gemüse und Lebensmittel in der Stadt feilbieten wollen.

Von Thomas Anlauf, Birgit Lotze

Frischer Lauch vom Land, Champignons aus der Region, die nicht aus der Dose sind, Bioäpfel vom oberbayerischen Bauern: Die Nachfrage an regionalem, saisonalem Obst und Gemüse steigt. Die Münchner Märkte sind immer gut besucht, längst wünschen sich viele in jedem Viertel zumindest einen Wochenmarkt. Doch immer weniger Händler wollen ihre Waren in der Stadt an Ständen verkaufen. "In drei Jahren ist die Zahl der Lebensmittelhändler auf den Münchner Märkten von 160 auf 140 zurückgegangen", klagt Markthallen-Chef Boris Schwartz.

Der Schwund an Gemüsehändlern ist ein neues Phänomen. In der Vergangenheit mussten Bewerber auf ein Standl am Viktualienmarkt oft jahrelang warten, bis sie den Zuschlag bekamen. Der Verdienst am berühmtesten Markt Münchens ist gut, so schnell hört keiner der Händler dort auf. Doch mittlerweile suchen Schwartz und seine Kollegen selbst nach Standlverkäufern. "Wir arbeiten mit dem Bauernverband, mit der Selbstvermarktervereinigung, dem Landwirtschaftsministerium zusammen", sagte Schwartz. "Wir haben große Probleme damit, es ist nicht so, dass jeder Händler nur darauf wartet, nach München zu fahren."

Eigene Hofläden statt eine Lieferung nach München

Viele Verkäufer bleiben mittlerweile einfach auf dem Land, wo sie entweder als Landwirte ihr Obst und Gemüse, Milch, Käse oder Fleisch selbst erzeugen oder direkt beim Bauern einkaufen. Denn der Boom der Bauern- und Wochenmärkte hat natürlich auch die Nachbarlandkreise um München erfasst. Im Landkreis Ebersberg etwa sind in den vergangenen zehn Jahren deutlich mehr Märkte entstanden. Bestückt werden sie von den Landwirten aus der Region. Viele von ihnen haben mittlerweile auch eigene Hofläden, weshalb sie ihre Waren überhaupt nicht mehr in die Landeshauptstadt karren müssen.

Auch im Münchner Süden ist die Nachfrage an heimischen Lebensmitteln stark gestiegen. Viele Gemeinden im Landkreis Starnberg haben zumindest einmal in der Woche Markttag, in der Kreisstadt hat Bürgermeisterin Eva John nun einen zweiten Verkaufstag für Händler am Starnberger Kirchplatz eingeführt. Ein Obst- und Gemüsehändler des Dorfener Marktes ist freitags dort und samstags in Taufkirchen. Sein Geschäft läuft wie bei vielen anderen seiner Kollegen ziemlich gut. Kein Anlass also, den Münchner Markt zu bedienen.

Abschreckende Arbeitszeiten

Die vielen Wochenmärkte auf dem Land sind aber nicht der einzige Grund, weshalb in München die Viktualienhändler weniger werden. "Der Job des Obstlers ist nicht so trivial wie man zunächst denkt", sagt Karl Huczala. Er übernahm vor drei Jahren mit seinem Bruder das Obst- und Gemüsegeschäft am Schwabinger Elisabethmarkt von den Eltern. Man müsse schon richtig kalkulieren, die richtigen Mengen und hochwertige Waren einkaufen und lagern.

Abschreckend auf viele potenzielle Standlbetreiber wirken zudem die Arbeitszeiten. "Ich fange um vier Uhr früh an, und dann geht es bis sieben Uhr am Abend", sagt der Geschäftsführer des Familienbetriebs, der auch Sprecher der Marktleute am Elisabethplatz ist. Trotzdem sind auf seinem Markt alle 21 Stände belegt, darunter sind drei Obst- und Gemüseverkäufer. In den kommenden Jahren werden die drei aber wohl enger zusammenrücken. Denn der Elisabethmarkt wird ebenso wie der Viktualienmarkt, der Markt am Wiener Platz und der Pasinger Viktualienmarkt grundlegend saniert beziehungsweise neu gebaut.

Widerstand gegen Neubauten in Haidhausen

Aus Sicherheitsgründen muss mehr Raum für die Märkte geschaffen werden. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sich die Märkte in der Fläche ausdehnen. Vielmehr wird mehr Raum auf der gleichen Fläche geschaffen: Am Elisabethmarkt werden sich dann wohl zwei bis drei Händler ein einziges Gebäude teilen, auf anderen Märkten könnte die Flächenerweiterung durch den Ausbau der Lagerkeller erreicht werden.

Wann die Generalsanierung der Märkte beginnt, ist völlig offen. Ursprünglich sollten die Arbeiten bereits 2018 abgeschlossen sein. Doch dann stellte sich heraus, dass die Sanierung des Viktualienmarkts deutlich komplizierter wird als angenommen. Und in Haidhausen regte sich massiver Widerstand gegen die geplanten Neubauten. Dort wird es nun zunächst ein sogenanntes Konsensverfahren geben, "um die Beteiligten mit ins Boot zu bekommen", wie Markthallen-Chef Schwartz betont.

Voraussichtlich dieses Jahr wird der Stadtrat über die einzelnen Baustellen abstimmen. Die Schwabinger Händler vermuten, dass vor 2018 die Bauarbeiten nicht beginnen.

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