Halbzeitbilanz des Oberbürgermeisters:Das hält Dieter Reiter für die Tops und Flops seiner Amtszeit

Ein etwas windiger erster Anzapfversuch, Querelen im Rathaus und ein gastfreundliches München. Die Bandbreite ist groß.

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München heißt Flüchtlinge willkommen

Flüchtlinge kommen aus Ungarn am HBF München an

Quelle: Florian Peljak

Die Tage am Hauptbahnhof wird Dieter Reiter nicht vergessen. Nicht wegen seiner eigenen Leistung, sondern wegen des enormen Engagements der Menschen in seiner Stadt. Als Anfang September Tag für Tag Tausende und abermals Tausende Flüchtlinge ankommen, erleben sie so ein herzliches Willkommen, dass nach Reiters Einschätzung weltweit bis heute ein positiver Eindruck geblieben ist. Die vielen freiwilligen und ehrenamtlichen Helfer, aber auch die bis zum Anschlag arbeitenden Mitarbeiter der Stadt, auf sie alle ist der Oberbürgermeister stolz. Das Dankeschön-Konzert für die Helfer am 11. Oktober wird zu einer Demonstration für Toleranz und Willkommenskultur.

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Kampf gegen Rechtsextremismus

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Quelle: Stephan Rumpf

Dieter Reiter pocht auf sein Herz, wenn er von dieser Herzenssache spricht: vom Kampf gegen den Rechtsextremismus. Eines seiner großen Ziele sei von Anfang an gewesen, Pegida das Leben schwer zu machen. Dafür habe er die Verwaltung alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen lassen. Auch auf das Risiko hin, Prozesse zu verlieren. Mit Erfolg: Der Haufen regelmäßiger Pegida-Marschierer ist sehr übersichtlich geworden, die tägliche Beschallung des Marienplatzes mit Imam-Rufen gehört der Vergangenheit an. München hat in mehreren großen Demonstrationen Haltung gezeigt. Reiters Fazit und Wunsch für die Zukunft: "Die Stadt steht im Kampf gegen den Rechtsextremismus über die Parteien hinweg zusammen."

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Schließung der Bayernkaserne

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Quelle: Alessandra Schellnegger

An einem Freitag Mitte Oktober 2014 besucht der Oberbürgermeister die völlig überfüllte Flüchtlingsunterkunft in der Bayernkaserne, die vom Freistaat betrieben wird. Er ist geschockt über die Zustände. Menschen müssen im Freien schlafen, es fehlen sogar Decken. Die sanitären Zustände sind erbärmlich. Übers Wochenende gärt es in Reiter, am Montag darauf erklärt er in einer Pressekonferenz die vorläufige Schließung der Bayernkaserne. Rechtlich ist zweifelhaft, ob er das überhaupt darf. Politisch setzt sich Reiter durch, er wirft dem Freistaat Komplettversagen vor. Ministerpräsident Horst Seehofer geht nicht auf Konfrontation, äußert sogar Verständnis. Seither agieren die beiden auf Augenhöhe.

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Das erste Anzapfen auf dem Oktoberfest

Dieter Reiter

Quelle: Peter Kneffel/AP

Das erste Anzapfen auf der Wiesn, da lässt sich Nervosität nicht vermeiden. Besonders da Dieter Reiter versprochen hat, dass keiner der prominenten Gäste die Box voller Bierspritzer verlassen werde. Dann sitzt gleich der erste Schlag nicht richtig, ein zweiter folgt, ein dritter. Das würde für einen Neuling noch als akzeptabel gelten. Aber Reiter traut dem Fass noch nicht, er haut nochmal hin, zur Sicherheit. "Der ist drauf", sagt er, und dann entfleucht ihm bei noch laufenden Mikros der Satz, der bis heute unvergessen ist. "Scheiß drauf." Das sei zwar menschlich gewesen, sagt der OB heute, doch vorkommen werde das nicht mehr. "Das war peinlich."

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Verzicht auf den neuen Konzertsaal

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Quelle: Stephan Rumpf

Ministerpräsident Horst Seehofer und Dieter Reiter treffen sich im Münchner Rathaus wegen des neuen Konzertsaals. Am Ende des Gesprächs kommt heraus, dass der Freistaat auf einen Neubau verzichtet und dafür die Sanierung des Gasteigs finanziell kräftig unterstützt. Anschließend geben die beiden eine improvisierte Pressekonferenz. Bis heute ärgert sich Reiter, dass er danach als Kulturmuffel dastand und der für den Bau eigentlich verantwortliche Seehofer relativ ungeschoren davonkam. "Da bin ich ihm auf den Leim gegangen", sagt Reiter. Im Nachhinein bleibt das für seinen Ruf schädlicher als für die Musikwelt: Der Freistaat baut den Konzertsaal nun doch, im Werksviertel hinterm Ostbahnhof.

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Sturz der Sozialreferentin Brigitte Meier

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Quelle: Catherina Hess

Alarm wegen der Lage im Sozialreferat herrscht im OB-Büro schon zum Jahresende 2016. Intern ist klar, dass bei der Abrechnung von Betreuungskosten für minderjährige Flüchtlinge viele, viele Millionen Euro fehlen. Im Januar veröffentlicht die Süddeutsche Zeitung, dass das Loch eine dreistellige Millionengröße annehmen könnte. Wochen des Krisenmanagements folgen, doch am Ende muss Sozialreferentin Brigitte Meier (M.) den Verzicht auf eine Wiederwahl erklären. "Wir hätten viel mehr kommunizieren müssen", sagt der OB. Ob Meier dann ihren Job behalten hätte können, weiß niemand. Ihre Fehler in der Verwaltung hält der OB nach wie vor für gravierend , doch er sagt auch ausdrücklich, dass die SPD eine Referentin mit den richtigen sozialen Werten verloren habe.

© SZ vom 29.04.17/bhi
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