Süddeutsche Zeitung

Halbe Milliarde zusätzlich:Noch ein fettes Jahr

Öffentliche Investitionen steigen um eine halbe Milliarde Euro

Von Heiner Effern

Die Stadt wird im Jahr 2019 gut eine halbe Milliarde Euro mehr investieren als bisher geplant. Das geht aus dem Nachtragshaushalt hervor, den Kämmerer Christoph Frey an diesem Dienstag dem Finanzausschuss vorlegen wird. Knapp die Hälfte der Summe geht an die städtischen Wohnungsgesellschaften. Diese erwerben für 247 Millionen Euro Grundstücke, bei denen die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausübt, um Mieter zu schützen. Der zweite Teil der zusätzlichen Investitionen dürfte zum Wohlfühlprogramm für den Kämmerer gehören: Die Stadt konnte für 277 Millionen Euro Finanzanlagen kaufen, weil ihr die Messe München GmbH überraschend Darlehen in dieser Höhe zurückgezahlt hat.

Die beabsichtigten Investitionen im Finanzhaushalt erhöhen sich dadurch auf insgesamt 1,982 Milliarden Euro. Doch das dürfte dem Kämmerer weniger Sorgen bereiten als die Gewerbesteuer. Sie ist die ertragreichste Einnahmequelle der Stadt, an ihr hängen viele politische Entscheidungen. Für das Jahr 2019 rechnet die Stadt mit einem Rekordwert von 2,74 Milliarden Euro. Doch die Einnahmen über das Jahr verteilt deuten nach unten: In den ersten Monaten zahlten die Unternehmen noch mehr als veranschlagt. Im Sommer lag man dann in etwa auf Höhe der geplanten Einnahmen. Zum 30. September waren diese bereits um 145 Millionen Euro unter dem Niveau von 2018, das die Kämmerei auch für 2019 angesetzt hatte.

Die FDP schlug deshalb Alarm und forderte Konsequenzen für den kommenden Haushalt 2020, der gerade vorbereitet wird. "Erstmals seit Jahren muss wieder wirklich gespart werden", sagte Jörg Hoffmann, Stadtrat, Finanzsprecher der Fraktion und Kandidat für das Oberbürgermeisteramt. Kämmerer Frey hält dies "für zu schnell geschossen". Erst wenn in etwa zwei Wochen die nächsten Steuerschätzung vorläge, könne man konkrete Zahlen und Auswirkungen diskutieren. Allerdings räumt er ein, dass die im vergangenen Jahr eher vorsichtig geschätzte Gewerbesteuer von 2,74 Milliarden Euro sich zu einem "Best-case-Szenario" gewandelt hätte.

Wenn nicht ein drastischer Einbruch bei den Einnahmen kommt, wird die Stadt dennoch 2019 und auch 2020 ohne neue Schulden auskommen. Das liegt an zwei Faktoren: Sie wird im laufenden Geschäft der Verwaltung 2019 einen Überschuss von 455 Millionen Euro erwirtschaften. Für 2020 sind im Moment etwa 300 Millionen Euro angesetzt. Die Finanzlücken bei den Investitionen kann die Stadt also aus der Kasse ausgleichen. Knapp 600 Millionen sind 2019 nötig, danach liegen auf den Konten immer noch 780 Millionen Euro für 2020. Dazu kann die Stadt die 277 Millionen Euro, mit der sie heuer Finanzanlagen kauft, schnell wieder locker machen.

Dennoch zeichnet sich bei den konstant hohen Ausgaben ab, dass der kommende Stadtrat nach der Wahl am 15. März 2020 deutlich weniger großzügig regieren kann als der jetzige. Wenn die fetten Zeiten in der Wirtschaft tatsächlich vorbei sind, wird die Stadt sparen müssen. Neue Schulden wären dann unumgänglich, und diese darf eine Kommune nur aufnehmen, wenn sie im Geschäft der laufenden Verwaltung ein Plus erzielt. Eine wegbrechende Gewerbesteuer könnte dort zu schmerzhaften Einschnitten führen.

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Quelle:
SZ vom 22.10.2019
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