Gasteig-Sanierung:Es geht noch viel grüner

Gasteig-Sanierung: 450 Millionen Euro soll die Sanierung des Gasteig nach den Entwürfen des Architekturbüros Henn kosten. Nun sucht sich die Stadt einen Investor.

450 Millionen Euro soll die Sanierung des Gasteig nach den Entwürfen des Architekturbüros Henn kosten. Nun sucht sich die Stadt einen Investor.

(Foto: Henn Architekten)

Die Generalsanierung des Gasteig stößt bei manchen Anwohnern auf scharfe Kritik. Die Lokalpolitiker fordern dringend mehr Nachhaltigkeit.

Von Patrik Stäbler

Ganz zum Schluss, nach dreieinhalb Stunden Vorträgen und Debatte, steht der Bezirksausschuss (BA) Au/Haidhausen am Montagabend vor der Frage, wie er sich zur geplanten Generalsanierung des Gasteig positionieren soll. Oder genauer gesagt: Wie er mit dem zugehörigen Vorbescheid umgeht, zu dem die Stadt eine Stellungnahme erbeten hat. Zwei Wochen zuvor hatte der BA den Vorbescheid abgelehnt - unter Vorbehalt, weil er erst die Sondersitzung zur Sanierung des Kulturzentrums abwarten wollte. Nachdem diese nun vorüber ist, und die Stadtteilpolitiker die Pläne für den "neuen Gasteig" vorgestellt bekommen haben, müssen sie jetzt eine Entscheidung fällen.

Soll man den Vorbescheid zur Kenntnis nehmen? Oder ausdrücken, dass man die Pläne begrüßt? Oder sie lieber "zustimmend zur Kenntnis nehmen"? Nach kurzer Debatte nimmt der BA den Vorbescheid bloß zur Kenntnis. Es ist eine bewusst vorsichtige Formulierung, denn auch wenn an diesem Abend in der Philharmonie viele Fragen beantwortet wurden - mehrere Kritikpunkte der Lokalpolitiker bleiben bestehen. So wünscht sich das Gremium mehr Nachhaltigkeit bei der Sanierung und Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Zudem wird befürchtet, dass durch den Umbau des Kulturzentrums ein "Riegel" entsteht, der Anwohner zu Umwegen zwingt.

Zunächst aber steht die Vorstellung der Sanierungspläne durch Kulturreferent Anton Biebl und Benedikt Schwering an, den Leiter des Bereichs "Zukunft" im Gasteig. Anhand einer imposanten Präsentation mit allerlei Bildern, Filmen und Testimonials erläutern sie, wie "Europas größtes Kulturzentrum" (Biebl) fit für die Zukunft gemacht werden soll. Das Ziel seien mehr Besucher - drei statt bislang zwei Millionen im Jahr -, 3500 Quadratmeter mehr öffentliche Fläche, eine neu konzipierte Philharmonie, ein zusätzlicher Saal für die Volkshochschule und eine modernisierte Gebäudetechnik. Darüber hinaus wolle man "die hohen Gasteig-Mauern abbrechen", sagt Schwering, und das Kulturzentrum zur Innenstadt hin öffnen. Optisch am auffälligsten wird eine neue Glashalle sein, die "Kulturbühne", die sämtliche Gebäudeteile verbindet. Und: Auf dem Dach der Philharmonie soll ein Restaurant samt Aussichtspunkt entstehen - "mit einem einzigartigen Blick auf die Stadt", so Schwering.

Im Januar 2022 sollen die Bauarbeiten beginnen; vier Jahre später wolle man fertig sein. In der Zwischenzeit werden die Institutionen des Gasteig an verschiedene Standorte ausweichen - allen voran in das Interimsquartier nach Sendling. Ein Teil der Stadtbibliothek, und das wird viele Haidhauser freuen, wechselt dagegen nur die Straßenseite und kommt im Motorama unter, wo man bereits im Herbst 2021 starten wolle, sagt Schwering. All diese Pläne setzen freilich die Zustimmung des Stadtrats voraus, der noch heuer eine Entscheidung über das 450-Millionen-Euro-Projekt treffen wird. Wobei Kulturreferent Biebl einräumt, dass die Situation infolge der Corona-Krise "schwierig" sei, brächen der Stadt doch Hunderte Millionen Euro an Gewerbesteuer weg. Dennoch habe er "Signale", so Biebl, "dass man versucht, sowohl das Interimsquartier als auch den Gasteig voranzutreiben". Eine mögliche Lösung könne ein Investorenmodell sein, bei dem ein externer Geldgeber die Sanierungskosten übernimmt und die Stadt hinterher die Räume mietet.

Gasteig-Sanierung: Kunstgenuss für die Ohren, Natur für die Augen soll das Foyer des neuen Gasteig bieten. Visualisierung: Henn Architektur / MIR

Kunstgenuss für die Ohren, Natur für die Augen soll das Foyer des neuen Gasteig bieten. Visualisierung: Henn Architektur / MIR

Um derlei Fragen geht es den BA-Mitgliedern jedoch weniger. Sie monieren vielmehr, dass durch den Umbau die Verbindung von der Kellerstraße und vom Gema-Gelände verschlechtert werde. Tatsächlich sehe der Entwurf vor, "diese Bereiche zu schließen und die Flächen dem Gasteig zuzuschlagen", sagt Schwering. Lob von den Stadtteilpolitikern gibt es dagegen für das neue Ladezonenkonzept. Demnach soll der Lieferverkehr mit großen Lkw nicht mehr über die Kellerstraße erfolgen, sondern über die Straße Am Gasteig ein- und durch die Tiefgarage auf die Rosenheimer Straße ausfahren. Derweil kritisiert Eva-Maria Lankes (Grüne), dass das Thema Ökologie bei der Sanierung nicht oberste Priorität habe. Mehrere BA-Kollegen fordern eine Fassadenbegrünung sowie Photovoltaik auf dem Dach. Diese sei aktuell nicht vorgesehen, sagt Schwering. "Aber wir werden uns das noch mal anschauen."

Neben den BA-Mitgliedern kamen gut ein Dutzend Anwohner in die Philharmonie. Zwei von ihnen äußern scharfe Kritik an den Plänen. "Ich sehe, dass hier ein gut funktionierender Bau für sehr lange Zeit lahmgelegt wird", sagt der eine. Der andere spricht gar von "bestimmten Kräften", die den Gasteig "kaputt machen" wollten. Derlei Äußerungen macht sich der BA nicht zu eigen - und doch beschließt er etliche Forderungen. Auf Initiative der SPD drängt das Gremium unter anderem auf die Bereitstellung von Räumen für Stadtteilkultur, auf eine bessere und barrierefreie Erreichbarkeit vom S-Bahnhof und auf eine zusätzliche Fußgängerampel über die Rosenheimer Straße. Zudem spricht sich eine Mehrheit für drei Anträge der Grünen aus. Erstens sei auf dem Dach eine Photovoltaikanlage zu errichten. Zweitens solle die Sanierung klimaneutral erfolgen. Und drittens müssten für jeden gefällten Baum zwei neue gepflanzt werden. Darüber hinaus, so der Antrag, solle das Holz der gefällten Bäume aufgehoben und später in der Inneneinrichtung des Gasteig oder für eine Kunstinstallation verwendet werden.

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