Haidhausen:Das große Leuchten

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Franziska Ruprecht (Foto: Peter Varsek/oh)

Franziska Ruprecht spielt auf der Bühne mit Worten

Von Franziska Gerlach, Haidhausen

Es leuchten die Sterne, Glühwürmchen - und nach einer Ohrfeige wohl auch so manche Backe. Aber kann auch Poesie leuchten und glitzern? Schon, findet Franziska Ruprecht. "Poetry that glitters" hat die Haidhauserin ihren Vortragsstil genannt. Die Worte sollen funkeln oder andere zum Funkeln bringen, und natürlich will sie mit ihrer Kunst unterhalten: "Ich trage nicht vor wie bei einer Wasserglas-Lesung." Denn dieser gängigen Präsentationsform, bei der ein Autor seine Texte dem Publikum bei einem Glas Mineralwasser aus der Frontale vorliest, kann sie wenig abgewinnen. Doch erst wer sich einige Mitschnitte ihrer Auftritte ansieht, der versteht, was die junge Künstlerin wirklich ausmacht: Auf der Bühne wirft sich Ruprecht schon mal in einem goldenen Paillettenkleid in Pose, singt oder rappt ihre Poesie, mischt das Englische mit dem Deutschen, bewegt sich im Rhythmus der Musik. Im nächsten Moment wiederum kann es ruhig zugehen, fast schon nachdenklich wirkt sie dann.

An einem Frühlingstag in einem Haidhauser Café ist Franziska Ruprecht weder das eine noch das andere: Sie löffelt grünes Pistazieneis, auch ihre Augen sind grün wie ein Bergsee. Oder das Meer. Passt ja. Denn "Meer-Maid" lautet auch der Titel ihres ersten Gedichtbandes, der im Januar erschienen ist und gut 50 Texte beinhaltet, die in den vergangenen Jahren entstanden sind. "Teils sind die richtig gut gereift", sagt Ruprecht, manche hat sie vor der Veröffentlichung noch einmal überarbeitet, ausgefeilt. Nixen oder andere Fabelwesen tauchen darin auf, manchmal begegnet dem Leser sogar das lyrische Ich in diesen Gestalten, halb Mensch, halb magisch - so genau weiß man das nicht.

Dass Franziska Ruprecht einmal auf der Bühne stehen würde, zeichnete sich indes schon früh ab. Erstens, so erzählt sie, habe sie sich bereits als Kind vor dem Einschlafen Fantasiegeschichten ausgedacht, zweitens habe sie sich schon damals gerne verkleidet, drittens habe sie bereits ein Gedicht geschrieben - und das zu einer Zeit, als sie das Alphabet noch nicht richtig beherrscht habe. Und viertens habe sie seit jeher ein Faible für amerikanische Literatur, wie "überhaupt für alles Amerikanische." Ruprecht studierte in den Vereinigten Staaten, in Detroit machte sie einen Master im Fach "Creative Writing". Seit zwei Jahren ist sie als selbständige Künstlerin tätig, trat in Dänemark beim Roskilde Festival ebenso auf wie beim Münchner Literaturfest. Zudem hält sie Workshops ab.

Greift sie selbst zur Feder, lässt sie sich von ihren Gefühlen leiten. Meist fallen ihr eine oder auch zwei einprägsame Zeilen ein, die den Anfang des Gedichtes bilden oder den Refrain. Beim Ausarbeiten des Textes dient die erste Version als Ausgangspunkt: "Das ist ein spannendes Spiel mit Wörtern, die sich quasi gegenseitig vorschlagen." Eine strikte Trennung der Genres findet dabei nicht statt: Die Haidhauserin findet es spannend, wenn sich Kunstformen vermischen - und daraus der eigene Stil erwächst. Elemente des Rap tauchen in vielen ihrer Reime auf, manche Gedichtzeilen erinnern an die Struktur eines Liedes mit Strophe und Refrain.

Doch auch dann, wenn die Künstlerin nicht auf der Bühne steht, bewegen sich ihre Texte. "Performance on the page" lautet der Fachbegriff, der das Phänomen beschreibt, wenn die Lebendigkeit von der Bühne auf den gedruckten Text übernommen wird. Die Worte sind dann optisch voneinander abgesetzt oder gefettet. Um Sehnsüchte und Liebe geht es darin, doch das lyrische Ich, das immer weiblich ist, nähert sich dem Objekt der Begierde nicht schmachtend, sondern kokett und stets mit Humor.

Auch auf München hat Ruprecht einen Sprechgesang verfasst. Die Zeilen erzählen von einer satten Stadt, in der es wichtig ist, wie man nach außen wirkt: "Wir sind Bildungsbürger, hip, kultiviert, schön, gepflegt, immer interessiert, der Dreck versteckt sich weiter draußen." Dieses Spiel mit den üblichen München-Klischees könnte ihr selbstverständlich leicht als Abgesang auf die bayerische Landeshauptstadt ausgelegt werden, würde Ruprecht nicht zugleich jene geißeln, die München gerne schlechtreden. "Wenn du mich fragst, ob München leuchtet, oder nur mal geleuchtet hat, dann muss ich sagen: Leuchtest du denn selbst in deiner fabelhaften Stadt?"

Franziska Ruprecht nimmt am Samstag, 18. April, mit drei Gedichten am Finale des 22. Haidhauser Werkstattpreises 2014 im Vortragssaal der Bibliothek im Gasteig teil. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, der Eintritt beträgt sechs Euro.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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