Süddeutsche Zeitung

Hilfe für Suchtkranke:Kontaktladen für Drogenabhängige droht das Aus

Der Verein Condrobs fürchtet um die Zukunft seiner Einrichtung in Haidhausen. Für die Mitarbeiter der Suchthilfe wäre es nicht der erste Standort, den sie aufgeben müssen.

Von Patrik Stäbler

Ein Kontaktladen des Vereins Condrobs bangt um seine Zukunft - wieder einmal. Vor vier Jahren war es die Einrichtung in Neuperlach, die plötzlich ihre Heimat verlor, diesmal ist ihr Pendant in Haidhausen bedroht. Dort betreibt der Suchthilfe-Verein Condrobs seit mehr als zwanzig Jahren den Kontaktladen "Off" - ein niederschwelliges Angebot für Drogenabhängige. Dort werden sie mit Lebensmitteln und einer warmen Mahlzeit, aber auch mit sterilen Spritzen und medizinischem Rat versorgt. Nun aber steht das Gebäude in der Balanstraße zum Verkauf. Und unter einem neuen Eigentümer "ist das Risiko sehr groß, dass wir unsere Räume verlieren", sagt Katrin Bahr, geschäftsführende Vorständin bei Condrobs. "Wie schnell das gehen kann, haben wir ja in Neuperlach erlebt."

Dort wurde der Mietvertrag des Kontaktladens "Pedro" in der Ollenhauer Straße 2017 nicht verlängert - nach mehr als zwanzig Jahren. Als Grund führte der Hauseigentümer damals Klagen aus der Nachbarschaft über das Klientel der Einrichtung an. Dabei seien weder beim Bezirksausschuss noch bei der Polizei Beschwerden eingegangen, teilte das städtische Gesundheitsreferat mit. Dem Kontaktladen jedenfalls drohte das Aus, ehe er 2019 im kirchlichen Stephanszentrum im Wohnring Neuperlach unterkam - behelfsmäßig, in zwei früheren Jugendräumen. In der Folge habe man dort Teile der alten Klientel verloren, sagt Katrin Bahr. "Das heißt, dass ein Teil der Zielgruppe jetzt unbetreut bleibt."

Dieses Schicksal fürchtet Condrobs nun auch in Haidhausen. Dort wird der Kontaktladen "Off" täglich von bis zu 100 Drogensüchtigen aufgesucht. Man arbeite in der Balanstraße "in Eintracht mit den Nachbarn", sagt Katrin Bahr. Zudem sei die Einrichtung bezahlbar und ideal gelegen. Sollte man infolge des Verkaufs ausziehen müssen, wäre es sehr schwierig, eine vergleichbare Heimat zu finden, sagt die Vorständin. "Das Problem ist das Stigma, denn wer vermietet schon an einen Laden, in dem lauter Drogenabhängige verkehren? Da braucht es einen Vermieter mit Herz."

Alternativ bräuchte Condrobs viel Geld, denn der Eigentümer hat dem Verein bis Anfang April ein Erstzugriffsrecht eingeräumt. Jedoch übersteige der Preis die eigenen finanziellen Möglichkeiten bei Weitem, sagt Katrin Bahr. Und sämtliche Anträge auf Drittmittel, etwa von Stiftungen, seien abgelehnt worden. Immerhin setzt sich nun auch die Stadtpolitik für den Erhalt des Kontaktladens ein: So fordern die Fraktionen von SPD/Volt und Grüne/Rosa Liste, dass das Rathaus mit dem Hauseigentümer spricht und eine Lösung findet. "Als Anlaufstelle deckt Condrobs einen wichtigen Versorgungsbedarf im Sozialraum ab, vermittelt Schwerstbetroffene in weiterführende Hilfeleistungen, sorgt für sozialen Frieden im Stadtgebiet und wirkt einer Verelendung im öffentlichen Raum entgegen", heißt es in ihrem Antrag.

Bei Condrobs hoffen sie nun, dass die Unterstützung seitens der Politik zum Erhalt des Kontaktladens "Off" führt - so wie dies in Neuperlach der Fall war. Dort wird der Kontaktladen "Pedro" in wenigen Wochen eine dauerhafte Bleibe beziehen: in einem Gewofag-Neubau am Hanns-Seidel-Platz. Für Anfang Mai, sagt Katrin Bahr, sei die Eröffnungsfeier geplant.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5769217
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/mah
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.