Um einen besonders schokolastigen Lebkuchen möchte man wetten, dass sich Kevin Conners riesig auf diesen Auftritt freut. Am 3. Dezember darf er wieder in den Fatsuit schlüpfen, und damit in die Haut der Knusperhexe. Eine Rolle, an der der spielfreudige Kammersänger der Bayerischen Staatsoper zumindest in der Vergangenheit stets einen Heidenspaß zu haben schien. Conners übernimmt den Part in Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von seinem Tenor-Kollegen Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, der die Spielzeitpremiere am 2. Dezember singt. Auch er ist eine erfahrene Knusperhexe an der Staatsoper. Legendär auch seine Interpretation in der Glyndebourne-Produktion, eine veritable Horrorshow, in der das Hexenhaus zu einem Supermarkt mutiert ist und sich bei Ablinger-Sperrhackes Performance nicht wenige Zuschauer an Divine, die Travestie-Göttin aus den schrill-bunten John-Waters-Filmen, erinnert fühlten.
Auch Richard Jones knallige, bitterböse Inszenierung, die seit 2013 an der Münchner Oper gespielt wird, ist für Humperdinck- beziehungsweise Brüder-Grimm-Puristen mitunter eine Herausforderung. Und wirft bei manchen die Frage auf: Ist das wirklich was für Kinder? Denn nicht nur die adipöse, Backwaren-Orgien zelebrierende Hexe hat sich hier sehr explizit dem Kannibalismus verschrieben, auch Hänsel und Gretel werden am Ende zu kleinen Menschen- oder besser gesagt Hexenfressern. Im diesjährigen Durchlauf werden die Geschwister übrigens von Angela Brower (Hänsel) und Mirjam Mesak (Gretel) gesungen. Auch auf die beiden kann man sich also freuen am 2., 3., 7. und 8. Dezember.

Eher dem grimmschen Stereotyp entspricht da die Knusperhaus-Bewohnerin in Peter Kertz’ „Hänsel und Gretel“-Version am Gärtnerplatztheater, die seit 50 Jahren dort läuft und 2017 neu einstudiert wurde. Eine Hexe mit Riesennase, Warze, rudimentären Zahnreihen, Spinnenfingern, weißem Zottelhaar und Catweazle-Kutte. Auch sonst wird man sich in den Kulissen an Bilderbuchdarstellungen aus Kindertagen erinnert fühlen, als sich die Pädagogen noch nicht am brutalen, misogynen Kosmos der Märchen-Brüder stießen und das Regietheater noch nicht am Stoff herumknusperte.
So oder so bleibt immer noch Humperdincks wunderbare Musik, Kinderstuben-hitlastig seit der Uraufführung 1893. „Brüderchen, komm tanz mit mir!“, „Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh?“ oder „Ein Männlein steht im Walde“. Und gibt es ein schöneres Einschlaflied als den „Abendsegen“, mit den 14 Engeln, die am Bette stehen? Aber auch für Menschen, die schnell einen Zuckerschock bekommen, ist die anspruchsvolle Partitur nicht uninteressant. Und dann ist da noch die Frage, wie die Knusperhexe zu besetzen ist. Mit Tenören wie an der Staatsoper? Am Gärtnerplatz hat man sich in dieser Spielzeit quasi für ein Unisex-Modell aus dem Ensemble entschieden, denn es singen den Part sowohl die Mezzosopranistin Anna Agathonos als auch die Tenöre Juan Carlos Falcón und Caspar Krieger. Vorstellungen gibt es vom 1. Dezember bis zum 4. Januar. Also reichlich Gelegenheit also, sich beim Knusperhexen-Battle an beiden Häusern umzusehen.