Hadern:Kein Platz, nirgends

Hadern: Der Neubau steht, den Spielplatz dahinter ziert noch das Flatterband: das Bauprojekt am Stiftsbogen.

Der Neubau steht, den Spielplatz dahinter ziert noch das Flatterband: das Bauprojekt am Stiftsbogen.

(Foto: Robert Haas)

Heftige Kritik an der Novelle der Bayerischen Bauordnung. Investoren können sich neuerdings von der Verpflichtung freikaufen, einen Spielplatz bauen zu müssen

Von Berthold Neff, Hadern

Neu und besser, könnte man meinen, wenn man das Wort "Novelle" hört. So einfach ist es aber nicht, vor allem dann, wenn es um das Thema Bauen geht. Gerade in einer eng bebauten Stadt wie München mit einem der geringsten Grün-Anteile der Republik birgt die Novelle der Bayerischen Bauordnung, die kurz vor Jahresende vom Landtag mit den Stimmen von CSU, Freien Wählern sowie der AfD verabschiedet wurde, reichlich Zündstoff.

Am Montagabend wurde dies in der Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Hadern deutlich, der als eine der ersten Stadtviertelvertretungen Stellung nehmen musste - also sagen sollte, wie die Landeshauptstadt damit umgehen soll. In die Facetten der Novelle tauchte der BA Hadern in seiner coronabedingt reduzierten Besetzung zwar gar nicht ein, stellte aber klar: Es wäre ein Unding, wenn man sich von der bisherigen Pflicht zum Bau eines Spielplatzes bei einem größeren Bauvorhaben freikaufen könnte. Auf Anregung von Birgit Hainz (CSU) wurde dies rundweg abgelehnt, man will sich nun im Unterausschuss Bauen, Wohnen, Baumschutz detailliert damit auseinandersetzen. Irmgard Hofmann (SPD), die stellvertretende BA-Vorsitzende, regte außerdem an, die Fraktionen im Stadtrat gezielt darauf aufmerksam zu machen.

Welche Probleme es mit sich bringt, im Zuge der Nachverdichtung auch die Infrastruktur anzupassen, war in Hadern in den vergangenen Jahren mehrmals deutlich geworden. Die meisten Schlagzeilen produzierte dabei das Projekt am Stiftsbogen, bei dem zu einem Viertel die Frau des damaligen BA-Vorsitzenden Johann Stadler (CSU) beteiligt ist. Dort sind insgesamt um die 50 - noch nicht bezogene - Wohnungen sowie ein Kindergarten entstanden, aber auch massive Konflikte. Just dort, wo die Kinder der Wohnanlage bisher spielten, wurde der Kindergarten gebaut, die Kinder der Wohnanlage hatten keinen Spielplatz mehr - und auch diejenigen, die nun neu einziehen werden. Erst auf Drängen der Anwohner und der Stadtviertelvertreter gelang es, den Bauherren zum Bau eines neuen Spielplatzes zu zwingen, der aufgrund seiner Situierung vor den Terrassen im Erdgeschoss alles andere als unproblematisch ist.

Immer wieder, so Birgit Hainz in ihrem Plädoyer, habe man gesehen, wie wichtig es sei, speziell auch Kindern die erforderlichen Freiräume im Grünen zu sichern. Dass Bauträger nun die Chance erhalten könnten, sich von der Verpflichtung zum Bau eines Spielplatzes freizukaufen, hält sie für ein Unding. Bisher war es so, dass bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen auf dem Baugrundstück oder in der Nähe ein Kinderspielplatz gebaut werden musste.

Nun solle man diese Herstellungspflicht durch eine Geldzahlung ablösen können, die von der Gemeinde in eine örtliche Kinder- oder Jugendfreizeiteinrichtung investiert werden muss. Bei der Stadt sieht man diese Regelung mit gemischten Gefühlen. Sie erleichtere zwar "vordergründig die Schaffung von Wohnraum, da Freiflächen für Kinderspielplätze vor Ort mittels Ablöse eingespart werden könnten". Andererseits sei gerade für kleinere Kinder und deren Betreuungspersonen der wohnungsnahe Spielplatz von großer Bedeutung: "Die Funktion dieser Spielplätze kann durch entferntere öffentliche Spielplätze nur teilweise ersetzt werden", heißt es der Stellungnahme, die das Planungsreferat vorbereitet. Der Haderner BA hat durch seinen Beschluss diese Haltung bekräftigt und ist im Übrigen der Ansicht, dass man künftig verstärkt die negativen Auswirkungen der Nachverdichtung (Wegfall von Grünflächen, Zunahme des Verkehrs) in den Fokus nehmen soll. Der Stadtrat wird, sobald die Stellungnahmen aus den Vierteln vorliegen, seine Position zur Novelle der Bauordnung definieren. Deren Zielsetzung ist es, das Bauen schneller und einfacher zu machen und so den Wohnungsmarkt zu entlasten. Der Gesetzgeber setzt die Kommunen dabei unter Druck, denn wenn innerhalb von drei Monaten nach Einreichung eines Bauantrags keine Entscheidung der Baubehörde vorliegt, gilt das Projekt automatisch als genehmigt, was unter dem Begriff "Genehmigungsfiktion" läuft. Außerdem wurden die Abstandsflächen zwischen Gebäuden verringert und der Dachgeschossausbau erleichtert. Die Städte und Gemeinden können durch Satzungen Regelungen treffen, die von der neuen Bauordnung abweichen.

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