Süddeutsche Zeitung

Hadern:Abgehoben

Für den umstrittenen Hubschrauber-Dachlandeplatz am Klinikum Großhadern steht eine wichtige luftrechtliche Genehmigung noch aus. Trotzdem hat das Staatliche Bauamt den Realisierungswettbewerb bereits in Gang gesetzt. Eine Bürgerinitiative übt heftige Kritik daran

Von Berthold Neff, Hadern

Vollendete Tatsachen: Obwohl die Bürgerinitiative Großhadern mit einer am 27. Mai eingereichten Petition an den Landtag versucht, den umstrittenen Dachlandeplatz für Hubschrauber auf dem Areal des Klinikums Großhadern doch noch zu verhindern, hat das Staatliche Bauamt dessen ungeachtet eine Woche später, am Montag dieser Woche, bereits die Auslobungsunterlagen für den großen Realisierungswettbewerb verschickt. In dessen Rahmenbedingungen ist es einer der Fixpunkte, dass der Landeplatz auf dem Dach des geplanten Herz-, Lungen- und Gefäßzentrums eingerichtet werden muss. Dieser Standort würde aber die Wohnbauten im Umkreis wegen der neuen Flugschneisen erheblich mit Lärm überziehen. Auch die Landeshauptstadt München sowie der Bezirksausschuss (BA) Hadern haben sich gegen diesen Standort ausgesprochen.

In der BA-Sitzung am Montagabend berichteten Didona Weippert (SPD) sowie ihre CSU-Kollegen Franz Alscher und Johann Stadler vom ersten Zusammentreffen des Preisgerichts, einer Vorbesprechung am 16. Mai. Didona Weippert sagte, sie habe darauf hingewiesen, dass es den Protest der Bürgerinitiative sowie die ablehnenden Stellungnahmen der Stadt und des Bezirksausschusses gibt. Sie wisse allerdings nicht, ob man die Architekten in den am Montag verschickten Unterlagen darauf hingewiesen hat, antwortete sie auf eine entsprechende Frage eines Vertreters der Bürgerinitiative.

In der Machbarkeitsstudie des Büros Heinle, Wischer und Partner vom Februar 2018 wird als einer der "wichtigsten Fixpunkte" aufgeführt, im ersten Bauabschnitt des großen Umbaus auf dem Klinikareal einen Hubschrauberlandeplatz mit Anbindung an das neue OP-Zentrum einzuplanen. Die Pläne sehen vor, den Dachlandeplatz auf dem Neubau des Herz-, Lungen- und Gefäßzentrums südlich der Marchioninistraße, im Nordwesten des derzeitigen Bettenhauses, einzurichten. Vertreter des Klinikums Großhadern haben wiederholt betont, dass dieser Standort unbedingt erforderlich sei. Dies hat allerdings zur Folge, dass vermutlich ein neuer Flugkorridor eingerichtet werden muss, der - anders als der bisherige für den Bodenlandeplatz - viele Wohnungen in der Umgebung stark mit Lärm belasten würde.

In der Petition, die Rainer Berling aus der Haseneystraße für die Bürgerinitiative eingereicht hat, wird gefordert, dass die Staatliche Bauverwaltung vor Beginn des Planungswettbewerbs eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gibt, um einen Standort zu finden, der mit den bisherigen Flugschneisen erreichbar wäre. Der Wettbewerb soll solange verschoben werden, bis diese Frage geklärt sei und "eine längerfristig sinnvolle, für die Bürger Großhaderns und Patienten bessere Lösung gefunden wurde". Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Regierung von Oberbayern, namentlich das Luftamt Südbayern, derzeit die vom Staatlichen Bauamt München 2 beantragte Erteilung einer luftrechtlichen Genehmigung für die neue Flugschneise bearbeitet. Mit einer Entscheidung sei frühestens in zwei bis drei Monaten zu rechnen. Gerade diese noch ausstehende Genehmigung sei jedoch "zwingend erforderlich, um den Dachlandeplatz zu realisieren". Falls diese Genehmigung versagt würde, müsste man den Wettbewerb stornieren. Trotzdem habe der Freistaat schon jetzt den "kostenintensiven" Planungswettbewerb gestartet. Dabei gelte es doch, neben dem Anwohner- und Patientenschutz auch, "eine Verschwendung von Steuermitteln zu vermeiden". Die 22 Architekturbüros, die zu dem Wettbewerb eingeladen wurden, werden für ihre Arbeit entlohnt - auch diejenigen, die letztlich nicht zum Zuge kommen.

Zum Schluss erinnert die Bürgerinitiative daran, dass beim Bau des Klinikums vorgesehen war, den Bodenlandeplatz ungefähr dort zu bauen, wo jetzt der Dachlandeplatz entstehen soll. Dieser Standort sei damals wegen unzumutbarer Lärmbelastung der Anwohnerschaft in den Westen des Klinikareals verlegt worden. Für das Klinikum Großhadern erklärte Pressesprecher Philipp Kreßirer am Mittwoch auf SZ-Anfrage, die Situierung des Dachlandeplatzes in unmittelbarer Nähe des bereits funktionierenden Schockraums sei eine "wesentliche Vorgabe für den Planungswettbewerb". Man habe andere Standorte für den Landeplatz untersucht, aber die nun "geplante Verortung ist aus Sicht des Klinikums alternativlos". Um keine Zeit zu verlieren, würden der Planungswettbewerb und das Verfahren zur luftfahrtrechtlichen Genehmigung parallel betrieben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4475961
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.06.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.