Hader und Rosenmüller lesen Busch:Kirche, Tod und Teufel

Kabarettist Hader und Regisseur Rosenmüller lesen in München ein wenig Wilhelm Busch und viel sich selbst. Gewaltphantasien und schwarzer Humor kommen trotzdem nicht zu kurz.

Anna Fischhaber

Ob Wilhelm Busch der Einladung des Bundes für Geistesfreiheit zu seinem 176. Geburtstag nach München ins Oberangertheater gefolgt wäre, darf bezweifelt werden. Bei seinem letzten Besuch in der Landeshauptstadt, im Jahre 1881, hatte sich der Erfinder von "Max und Moritz" so daneben benommen, dass er an der Isar nie mehr gesehen wurde. Einer Besucherin zog er damals den Stuhl weg, so dass diese auf den Hintern fiel. Anschließend bewarf er sein Publikum mit Käse und verschwand.

Hader und Rosenmüller lesen Busch: "Was beliebt ist auch erlaubt": Kabarettist Josef Hader (links) und Regisseur Marcus H. Rosenmüller im Oberangertheater.

"Was beliebt ist auch erlaubt": Kabarettist Josef Hader (links) und Regisseur Marcus H. Rosenmüller im Oberangertheater.

(Foto: 75)

Bessere Manieren zeigten am Sonntagabend Josef Hader, österreichischer Kabarettist und Schauspieler, und Marcus H. Rosenmüller, bayerischer Regisseur und Dichter - obwohl das Motto ihrer Busch-Lesung "Was beliebt ist auch erlaubt" Schlimmes hatte erwarten lassen. Zwar fallen auch bei Hader zwei Herren vom Stuhl, allerdings ist das dem Alkohol geschuldet - und Teil seiner Tragikomödie "Indien", aus dem Hader zweistimmig vorträgt. Ein ziemlich nervöser Rosenmüller liest ein wenig Busch und viel sich selbst - etwa das Gedicht "Im Nachtzug kurz vor Ankunft. Ein Mann, der seit Stunden eine Frau beäugt, welche ihn ignoriert, später am Stammtisch dieses nacherzählt".

Das Oberangertheater ist bis auf den letzten Platz besetzt, vielleicht weil die Mischung der Benefizveranstaltung des Bundes für Geistesfreiheit so gut passt. Gemeinsam ist der Weltanschauungsgemeinschaft und den drei Künstlern der Sinn für Humor und die Hassliebe zur Religion. Weil Busch seine Kindheit im Pfarrhaus verbracht hatte, soll er seine satirische Poesie der amtstheologischen Verlogenheit gewidmet haben.

In München brachte der "Erfinder des deutschen Witzes" schließlich sein erstes Büchlein heraus. An der Akademie hatte er Malerei studiert. Er trat dem Künstlerverein "Jung-München" bei, den "Nachtlichtern" und "Kassandra" - was so viel heißt wie die Beilage zum Bier, den "Kas", besorgt immer "a andra".

Auch Hader durchläuft ein bischöfliches Knabenseminar und spricht heute von der Legung der ersten "Kabarettgrundlagen als Chorsänger, Mesner, Organist und Bettnässer" dort. Sein Humor ist ähnlich schwarz wie der von Busch. Im Oberangertheater stellt er seine eigene Theorie zu den alten Griechen auf, die sich von Sokrates und kaltem Schnitzel bis zum "Rindsgulasch Platon" erstreckt.

Ein Keller für den "längeren Familienanschluss"

Außerdem erläutert Hader die Vorteile des österreichischen Landlebens - samt Keller für den "längeren Familienanschluss". Auch Wilhelm Busch hätte sich wohl nicht gescheut, Amstetten als Vorlage zu benutzen. Lustig war eben auch bei ihm, über dessen Einfluss auf das Kindergemüt sich Generationen von Eltern sorgten, vor allem die Gewalt.

Rosenmüller wiederum widmete sich bereits in dem Film "Wer früher stirbt ist länger tot" der Frage, wie man lebend unsterblich wird. Mit seinen Filmen ist er, zumindest in Bayern, auf dem besten Weg dorthin. Beim Dichten tut er sich ein wenig schwerer - vielleicht weil er die Poesie ausgerechnet beim Wagerlschieben im Supermarkt für sich entdeckt hat. Seine Texte passen vorzüglich zu den an Busch aufgehängten Themenblöcken wie "Kirche, Tod und Teufel", "Erotik und Verkehr" oder "Laster und sich gehenlassen". Aber manchmal ist die Pointe einfach zu offensichtlich, wenn es heißt: "Der Stuhlgang ist das einzige große Geschäft, bei dem man Verlust macht und sich trotzdem wohl dabei fühlt."

Doch der Regisseur hat vorgesorgt und seinen eigenen Fanklub mitgebracht: Unter anderem sitzt Schauspielerin Brigitte Hobmeier, die in Rosenmüllers neuem Film "Räuber Kneißl" zu sehen ist, an diesem Abend im Publikum und muss sich einige Neckereien gefallen lassen. Auch hier hätte Rosenmüller sich eben besser an Busch gehalten, der schon vor über 100 Jahren wusste: "Das Gute, dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, was man lässt."

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