Haar:Spione studieren jetzt woanders

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Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller könnte sich unter anderem eine Schule in den Gebäuden der ehemaligen Fachhochschule vorstellen. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Hochschule des Bundesnachrichtendienstes hat ihren Sitz in Haar aufgegeben. Offen ist, was mit dem Areal passiert

Von Bernhard Lohr, Haar

Mit etwas mehr Chuzpe hätte sich Haar seit Jahrzehnten stolz als Hochschulstandort bezeichnen dürfen. Die Kommune hätte dann mit einem Schriftzug auf den Ortstafeln fast gleichgezogen mit Garching, wo jeder lesen kann, dass dort die TU heimisch ist. Doch jetzt ist es zu spät: Die Fachhochschule des Bundes, die viele Jahre in einer ehemaligen Polizeikaserne an der Wasserburger Straße residierte, ist umgezogen. Seit 1. Januar stehen die Gebäude leer. Was aus ihnen werden soll, ist noch nicht bekannt - oder noch geheim, wie so vieles rund um das Objekt.

Denn es handelte sich bei der Fachhochschule, über deren Existenz die Haarer über viele Jahre geflissentlich Stillschweigen bewahrten, nicht um eine gewöhnliche Hochschule. Die Einrichtung war mit ihrem Fachbereich Nachrichtendienste gewissermaßen eine Zweigstelle des Bundesnachrichtendienstes in Pullach. Entsprechend zurückhaltend war die Außendarstellung der Hochschule, und selbst der Umzug wird behandelt wie eine Geheimsache. "Ich darf Ihnen keine Auskunft geben", heißt es knapp bei einem Anruf in der Pforte an der Wasserburger Straße 43. Und auch bei der Pressestelle des BND in Berlin ist die Bestätigung des Offensichtlichen nicht leicht zu bekommen.

Ähnlich wie in der BND-Zentrale in Pullach haben die Möbelpacker hingelangt. In Pullach sollen ja nur noch Teilbereiche des BND erhalten bleiben. Der Rest wird in der neuen Zentrale in Berlin untergebracht. Auch die Fachhochschule soll fortan in Berlin angesiedelt sein, wie es heißt.

Was der Wegzug der Geheimdienst-Studenten für die mit relativ wenig freien Gebäuden und Flächen gesegnete Gemeinde Haar bedeutet, lässt sich noch nicht abschätzen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) verwaltet das 19 000 Quadratmeter große Areal, auf dem sechs Häuser mit 8000 Quadratmeter Nutzfläche stehen. Wie ein Bima-Sprecher mitteilt, wird derzeit eine Anschluss-Nutzung durch "weitere Bundesbehörden" geprüft. Sollte sich da nichts aufdrängen, komme auch ein Verkauf in Frage, heißt es. In diesem Fall hätte man im Haarer Rathaus jedenfalls Ideen: Dort wäre auf einmal Platz für Gewerbe, für günstige Wohnungen oder auch für Geschäfte, um die Nahversorgung zu verbessern. Auch eine Schule könnte sich Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) auf dem Areal vorstellen. "Für die Gemeinde wäre das eine ganz interessante Fläche", sagt sie.

Die Hochschulgebäude wurden zum Großteil in den Jahren 1937 bis 1939 als Kaserne für eine motorisierte Gendarmerie-Bereitschaft in Haar errichtet und waren für 144 Schutzpolizisten ausgelegt. Nach dem Krieg kamen dort Vertriebene unter. Zeitzeugen erinnern sich, dass Mitte der Sechziger- bis Mitte der Siebzigerjahre der Bundesgrenzschutz eine Fernmeldehundertschaft in dem Kasernenbau stationiert gehabt habe. Dann sei der BND mit seiner Hochschule eingezogen und alles zum Sperrgebiet erklärt worden.

Bürgermeisterin Müller zählt zu den wenigen in Haar, die schon mal die Gebäude von innen gesehen haben und auch das Gelände kennen, das sich zwischen der Wasserburger Straße und der Rechnerstraße erstreckt. Im Jahr 2014, erinnert sie sich, habe die Schulleitung eine Führung organisiert und einen engeren Austausch mit der Gemeinde zugesagt, woraus dann nichts wurde. Vom Besuch sind Müller die langen Gänge in Erinnerung, mit Türen links und rechts. Ein typischer Kasernenbau. Aber die Gebäude hätten auch "einen ganz eigenen Charakter oder Charme", sagt sie. So gebe es ein repräsentatives Treppenhaus und einen zentral gelegenen Brunnen.

Eine der spannenden Fragen 2019 dürfte sein, wie es mit dem Areal weitergeht. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nährte ja zuletzt die Hoffnung, dass bundeseigene Areale an Kommunen schneller und günstiger abgegeben werden sollen, wenn sie für sozialen Wohnungsbau genutzt werden.

© SZ vom 09.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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