Haar:Bürgerentscheid gegen Hochhäuser scheitert

Schon zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten lassen die Einwohner von Haar ein Bürgerbegehren durchfallen, mit dem eine Höhenbegrenzung für das Gemeindegebiet festgeschrieben werden sollte.

Für ein Hochhaus-Verbot in Haar findet sich keine qualifizierte Mehrheit. Das Bürgerbegehren mit dem Ziel, eine 19-Meter-Höhenbegrenzung für das gesamte Gemeindegebiet durchzusetzen, ist zum zweiten Mal mangels Interesse durchgefallen. 3055 Wahlberechtigte hätten in der 20 000 Einwohner zählenden Kommune im Münchner Osten beim Bürgerentscheid zustimmen müssen, um dem Begehren zu Erfolg zu verhelfen. Diese Zahl wurde um 991 Stimmen verpasst. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) rief am Abend bei einer turbulenten Pressekonferenz in der Aula des Rathauses auf, die politische Spaltung zu überwinden. Florian Polster, ein Sprecher der Bürgerinitiative "Mia san Haar", warf dem Rathaus erneut vor, in "Gutsherrenart" zu agieren.

Haar erlebt wie der gesamte Großraum München starken Zuzug. In bestehenden Wohngebieten wird verdichtet, neue Wohngebiete sind in Vorbereitung. Gerade in Haar ist das ein Thema, wo im sogenannten Jugendstilpark auf einem ehemals zum Isar-Amper-Klinikum gehörenden Gelände nach neuesten Zahlen Wohnraum für etwa 2000 Neubürger entstehen soll. Konkret entzündete sich der Streit, der zum ersten Bürgerentscheid in der Gemeinde überhaupt führte, aber an einem an der Münchner Straße (B 304) geplanten 46,8 Meter hohen Wohnturm. Dieser soll etwa 150 Meter von einem bestehenden 60 Meter hohen Bürogebäude am Rand des Jagdfeld-Gebiets entstehen. Bereits 1959 entstand in Haar das mit 25,5 Metern freilich noch überschaubare erste Hochhaus im Landkreis. Anfang der Siebzigerjahre wurde im Jagdfeld Wohnraum für 6000 Menschen geschaffen. Seitdem gibt es dort einige Wohnblocks jenseits der 40-Meter-Grenze.

Erbitterte Kontroverse

Dennoch lähmte Haar in den vergangenen Monaten eine erbitterte Kontroverse. Wegen umstrittener Aushänge in den Wahllokalen musste auf Anordnung des Landratsamts sogar ein zweites Mal abgestimmt werden. Bereits im Juli verpasste das Bürgerbegehren mit 2521 Stimmen das Quorum (3048). Diesmal war das Ergebnis noch deutlicher und für die immer wieder auch emotional agierende Gruppierung "Mia san Haar" ein Denkzettel. Dass das Quorum nicht erreichen würde, war von vielen erwartet worden; aber nicht, dass viele Haarer die Mühen auf sich nehmen würden, ins Wahllokal zu gehen und mit "Nein" zu stimmen. Von 3689 abgegebenen gültigen Stimmen entfielen 2023 auf das Bürgerbegehren, 1666 Stimmen richteten sich gegen dessen Forderung.

Bürgermeisterin Müller sagte in ihrer Sellungnahme, "mit emotionaler Stimmungsmache kann man in Haar keinen Blumentopf gewinnen". Das Resultat sei ein Auftrag an den Gemeinderat, sich über bauliche Fragen den Kopf zu zerbrechen und Entscheidungen zu treffen. Haar stehe für Vielfalt. Als bedauerlich bezeichnete es Müller, dass der "Gedanke der Bürgerbeteiligung" durch die Querelen "schweren Schaden" genommen habe.

Diesen Satz nahm BI-Vertreter Florian Polster am Sonntagabend im Rathausfoyer zum Anlass für den Zwischenruf, dass das nicht Schuld von "Mia san Haar" sei. Das Rathaus müsse sich die geringe Wahlbeteiligung - sie lag bei 24,2 Prozent - anschreiben lassen, weil es den Bürgern angeblich das Gefühl vermittelt habe, sowieso nichts bewegen zu können. "Unglaublich", rief jemand erbost dazwischen. Als CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer die Bürgermeisterin dafür rügte, dass sie selbst an Stelle der zuständigen Abstimmungsleiterin das vorläufige Ergebnis des Bürgerentscheids verkündete, folgten weitere Unmutsäußerungen. Das Rathaus sei nicht in der Lage, Dinge sauber zu trennen, sagte Keymer.

Dieser kündigte an, die CSU werde, soweit geboten, weiter als kritische Stimme auftreten. "Wir gehen unseren geraden Kurs weiter." Der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft, Ralf Schmoigl, sagte, er habe es eigentlich schon als "klares Ergebnis" angesehen, dass das Bürgerbegehren im Juli das Quorum verpasst gehabt habe. Mike Seckinger (Grüne) rief dazu auf, zu einem "konstruktiven Stil" im Gemeinderat zurückzukehren. Anstatt zu streiten, solle die Energie in die Lösung anstehender Probleme fließen.

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