Immobilien in München:Was man zur neuen Grundsteuer wissen muss

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Post für die Landeshauptstadt: Etwa 300 000 Münchnerinnen und Münchner werden in diesen Tagen einen Brief in ihrem Postkasten vorfinden, nicht wenige von ihnen besitzen mehr als eine Immobilie. (Foto: Framed/Pond5 Images/IMAGO)

Etwa 300 000 Münchnerinnen und Münchner erhalten in diesen Tagen einen Bescheid per Post. Was die Umstellung für Immobilienbesitzer und Mieter bedeutet, welche Fristen wichtig sind und wo man Hilfe bekommt.

Von Heiner Effern

Die Kuverts mit den neuen Grundsteuerbescheiden füllten eine kleine Lagerhalle in München. Anfang Januar fuhren dann Lastwagen vor, die 500 000 Bescheide zur Post brachten. 30 000 folgen demnächst, sie müssen wegen Unklarheiten noch einmal überprüft werden. Etwa 300 000 Münchnerinnen und Münchner werden in diesen Tagen einen Brief in ihrem Postkasten vorfinden, nicht wenige von ihnen besitzen mehr als eine Immobilie.

Die Neuorganisation der Grundsteuer wurde nötig, weil das Bundesverfassungsgericht 2018 die bisher geltenden Regeln für unzulässig erklärte. Für die Festsetzung wird der Messbetrag einer Immobilie, den das Finanzamt vorgibt, mit dem Hebesatz der Kommune multipliziert. In Bayern wurde nun ein System gewählt, bei dem die Flächen des Grundstücks und des Gebäudes entscheidend sind. Bisher wurde der Messebetrag anhand des Wertes einer Immobilie bestimmt.

Die Umstellung sei eine Herausforderung, sagt Kämmerer Christoph Frey (SPD), für die Stadt als verantwortliche Behörde ebenso wie für die Bürger. Im Gespräch mit der SZ erklärt er, was Betroffene nun beachten müssen, an wen sie sich bei Fragen wenden können und warum die Stadt keinen Euro mehr einnehmen wird als bisher.

SZ: Wie geht man die Neuorganisation einer Steuer an?

Christoph Frey: Unser Ziel war es, möglichst alle Steuerpflichtigen mit einem verständlichen und nachvollziehbaren Bescheid zu erreichen. Wenn das nicht der Fall sein sollte und zum Beispiel eine grobe Abweichung zur bisherigen Steuerpflicht oder ein Fehler vorliegt, wollen wir für Fragen bestmöglich zur Verfügung stehen.

Was finden Eigentümer vor, wenn sie das Kuvert mit dem Bescheid öffnen?

Darin wird der Grundsteuerbescheid mit dem konkreten Eurobetrag enthalten sein, der an die Stadt zu entrichten ist. Wer mehrere Immobilien besitzt, wird zu jeder einen Bescheid finden. Außerdem liegt ein Flyer in dem Kuvert, der den Bescheid und wichtige Grundlagen zur Grundsteuer in einfacherer Sprache erläutert. In diesem sind auch die Kontaktmöglichkeiten aufgeführt.

Stadtkämmerer Christoph Frey (SPD) sagt, die Umstellung sei eine Herausforderung. (Foto: Stadtkämmerei Stadt München)

Welche Fristen sind zu beachten?

Wer ein Lastschriftverfahren mit uns vereinbart hat, muss nichts unternehmen. Wer einen Dauerauftrag nutzt oder im Einzelfall Überweisungen einwirft, muss das bis 15. Februar erledigen. Ich rate dazu, erst einmal zu bezahlen, auch wenn man Zweifel an der Höhe des Betrags hat. Man vermeidet so Gebühren, die automatisch durch eine Mahnung entstehen würden. Wenn jemand zu viel zahlen sollte, buchen wir das zurück oder schreiben es für den nächsten Einzug gut. Man kann Vertrauen in die Stadt haben, wir wollen niemanden übers Ohr hauen.

Wie kann man kontrollieren, ob der Bescheid korrekt ist?

Am besten vergleicht man den Messbescheid seiner Immobilie, den man vor etwa einem Jahr vom Finanzamt erhalten haben sollte, mit dem Grundsteuerbescheid. Wenn dieser übereinstimmt, kann man ihn mit dem Hebesatz multiplizieren und kommt so auf den Eurobetrag. In der Regel werden die Abweichungen nach oben oder unten wenige Euro pro Quadratmeter pro Jahr ausmachen. Wenn die Grundsteuer extrem gestiegen ist, sollte man unbedingt prüfen, ob im Messbescheid die richtigen Flächen für die Berechnung herangezogen sind. Wenn nicht, dann ist es sinnvoll, sich schnell an das Finanzamt zu wenden und um eine Korrektur des Grundsteuermessbescheides zu bitten.

Wohin können sich Steuerpflichtige wenden?

Die Bürgerinnen und Bürger können einfach anrufen. Wir haben extra ein Call-Center aufgebaut. Es kann sein, dass man am Anfang nicht sofort durchkommt, weil das Aufkommen sehr hoch ist. Wenn nur zu jedem zehnten Bescheid eine Rückfrage erfolgt, sind das fast 60 000 Anrufe. Aber keine Panik: Es rennt nichts davon, wenn man es ein paar Tage später noch einmal versucht.

Wie arbeiten die Mitarbeiter im Callcenter?

Etwa 20 Kollegen werden in der ersten Versorgung ansprechbar sein. Es wird nicht beim ersten Anruf immer gleich alles zu klären sein, dann wird das Anliegen von der Hotline an die Experten im Fachbereich übergeben. Unser Ziel ist es, möglichst am gleichen Tag zurückzurufen. Alle Akten sind digitalisiert, wir können also schnell darauf zugreifen.

Auf welchen Wegen ist die Stadt sonst noch zu erreichen?

Wir haben grundlegende Informationen auf unserer Homepage zusammengestellt (www.muenchen.de/grundsteuer). Dort gibt es für einfache Fragen auch einen Chatbot. Wer tiefer einsteigen will, kann sich über ein Portal an uns wenden. Dafür muss man sich einmal eine Pin zuschicken lassen. Hier kann man auch Dokumente hochladen, die unsere Sachbearbeiter dann prüfen. Fragen über Email werden wir per Post beantworten, weil die Datensicherheit einer E-Mail das Niveau einer Postkarte hat.

Welche Fehlerquellen sind denkbar?

Wir gehen davon aus, dass in weit über 90 Prozent der Fälle die Ursache im Messbescheid liegt, der eine falsche Ausgangsbasis für die Berechnung darstellt. Das wiederum kann darin begründet sein, dass sich der Steuerpflichtige bei seiner Erklärung für die Finanzbehörden verrechnet hat. Ein Beispiel: Der Eigentümer einer Wohnung mit Stellplatz hat in die Teilungsurkunde beim Notar geschaut, versehentlich aber nicht das Tausendstel seines Stellplatzes angegeben, sondern die gesamte Tiefgarage. Dann ist der Messbescheid um ein Vielfaches zu hoch. Wir hören vom Freistaat, dass die Finanzbehörden solche Fehler trotz abgelaufener Fristen kulant behandeln wollen.

Wo kann man Widerspruch einlegen?

Bei der Stadt, bei der Regierung von Oberbayern als Rechtsaufsicht oder beim Finanzamt, wenn man Zweifel am Messbescheid haben sollte.

Eigentümer können die Grundsteuer auf die Mieterinnen und Mieter voll umlegen. Wann wird der neue Betrag erstmals fällig?

Die neue Grundsteuer wird in der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2025 erstmals aufgeführt sein. Die wird in der Regel irgendwann im zweiten Quartal 2026 verschickt.

Tendenziell werden Miet- und Wohnhäuser nach dem neuen Flächenmodell schlechter wegkommen als ein großes Kaufhaus in der Innenstadt.

Es ist sicher nicht gerecht, dass die neue Steuer den Wert eines Grundstücks völlig außer Acht lässt. Aber das hat der Freistaat so entschieden.

Die Stadt will mit der neuen Grundsteuer keinen Gewinn im Vergleich zu vorher machen. Dafür hat sie den Hebesatz um fast 300 Prozentpunkte angehoben. Hätte man den nicht so dezent steigern können, dass niemand stärker belastet wird?

Da würden wir die Hälfte bis zwei Drittel des Grundsteuer-Aufkommens verlieren. Wir nehmen bisher etwa 340 Millionen Euro ein, die für die Infrastruktur wie Straßen, Gehsteige oder Schulen und Kindergärten verwendet werden. Bei den aktuellen Herausforderungen ist es unmöglich, dass wir auf so viel Geld verzichten.

Der Haus- und Grundbesitzerverein hat der Stadt vorgeworfen, die Stadt würde mit dem neuen, hohen Hebesatz ihre Finanzen sanieren.

Wer das sagt, hat ein Problem mit den Grundrechenarten. Wir hatten einige wenige Millionen an Einnahmen als Risikopuffer vorgesehen, den wir schon aufgebraucht haben. Wir werden nicht mehr einnehmen als bisher.

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