Nach dem Rassismus-Skandal beim Drittliga-Fußballspiel des TSV 1860 München gegen Energie Cottbus vom Samstag ermittelt jetzt die Münchner Kriminalpolizei. Und zwar gegen zwei Fans der Münchner Löwen. Denn nur wenige Minuten nach der Verbalattacke eines 36-Jährigen gegen den Cottbuser Spieler Justin Butler, die fast zum Spielabbruch geführt hätte, zeigte ein 44 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Pfaffenhofen von der Tribüne aus den sogenannten Hitlergruß. Der Polizei ist er als politisch rechts motivierter Straftäter bekannt.
Beide Übergriffe waren von anderen Fans beobachtet und gemeldet worden. Der Ordnungsdienst übergab die zwei Tatverdächtigen der Polizei. Aus der Münchner Fankurve ertönten „Nazis raus!“-Rufe. Der Verein entschuldigte sich bereits unmittelbar nach Spielende bei der Mannschaft aus der Lausitz und dem schwarzen Einwechselspieler, der mit Affenlauten von der Tribüne gedemütigt und beleidigt worden war.
Dennoch hat neben der Polizei auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Ermittlungen aufgenommen – gegen den TSV 1860. Der Kontrollausschuss des DFB habe ein Verfahren eingeleitet, sagte ein Sprecher am Montag. Die Münchner Löwen wurden zu einer Stellungnahme aufgefordert. Danach werde über den weiteren Verlauf des Verfahrens entschieden.
Der DFB sieht nach den gültigen Richtlinien für solch einen Fall einen Dreistufenplan vor: Nach der Meldung des Vorfalls erfolgt eine Spielunterbrechung und, im Falle weiterer rassistischer Beleidigungen, ein Spielabbruch. Zu einem möglichen Strafmaß wollte sich der DFB am Montag auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa nicht äußern. Man beteilige sich bei einem laufenden Verfahren nicht an Spekulationen, hieß es. Der jetzt bekannt gewordene zweite politisch rechts motivierte Vorfall nach Wiederanpfiff wird in die Bewertung sicher eingehen.
Nach der Beleidigung des Cottbuser Spielers unterbrach der Unparteiische die Partie zunächst und setzte sie erst nach knapp zehn Minuten fort – auch, nachdem er mit Butler geklärt hatte, dass dieser sich in der Lage fühle weiterzuspielen. Nur eine Viertelstunde später zeigte dann ein weiterer Rechtsradikaler auf der Bühne für alle sichtbar seine Gesinnung.
„Es war ein wirklicher Schockmoment für mich und eine Erfahrung, auf die ich lieber verzichtet hätte“, sagte der 24 Jahre alte Butler später in einer Mitteilung seines Klubs. Es sei „erschreckend, dass es in einer aufgeklärten und modernen Welt wie unserer immer wieder zu solchen Vorfällen kommt“. Rassismus dürfe nirgends in der Gesellschaft einen Platz finden. „Nicht auf der Straße, nicht im Internet und auch nicht auf dem Fußballplatz. Menschen nach ihrer Hautfarbe zu beurteilen, sie abzuwerten und mit Affen zu vergleichen, das ist eine Schande.“
In der 71. Spielminute, es war laut Polizeibericht um 15.20 Uhr, war Butler von einem Sechzig-Fan, der direkt am Zaun stand, rassistisch beleidigt worden. Mehrere Spieler berichteten hinterher, dass es sich um Affenlaute gehandelt habe. So steht es auch im Polizeibericht. In Fernsehaufnahmen ist zu sehen, wie 1860-Spieler Marvin Rittmüller auf eine Person auf den Rängen deutete. Auch Fotos im Internet zeigen die Szene. Der 36 Jahre alte Tatverdächtige aus dem Landkreis Landshut hatte, wie sich später herausstellte, 1,4 Promille Alkohol im Blut.
Rechtsextreme Fans des TSV 1860 hatten in der Vergangenheit ihren Verein immer wieder in Verruf gebracht. So gehörte vor zehn Jahren die gewalttätige „Brigade Giesing“ zum harten Kern der verfassungsfeindlichen Münchner Pegida. Auch im Umfeld der rechtsextremen Bürgerwehr „Wodans Erben“ zeigten sich mehrere Löwen-Anhänger. Allerdings gibt es auch die antifaschistisch engagierten „Löwenfans gegen Rechts“, die in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen begingen.
Auch Fans aus Cottbus beschäftigten am Samstag die Polizei. Während der Anreise meldete die Bundespolizeidirektion Pirna, dass sich etwa 250 Cottbus-Fans im ICE 503 auf dem Weg nach München befanden, wovon rund 130 Personen ohne gültiges Ticket unterwegs gewesen sein sollen. Rund 100 Münchner Bundespolizisten fingen sie am Hauptbahnhof ab, nachdem der Zug auf Gleis 11 umgeleitet worden war.

