Grünpfeil in München:Zu dumm für den Pfeil

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Freiwillig Rücksicht nehmen? Zu schwierig: In München wird der Grüne Pfeil teilweise wieder abgebaut, weil die Autofahrer mit dem Verkehrszeichen nicht umgehen können.

Dominik Hutter

München und der Grüne Pfeil - das ist nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte: Manche Autofahrer verwechseln ihn mit dem leuchtenden grünen Pfeil einer Ampel und gefährden dann Fußgänger und Radler. Andere ignorieren ihn einfach so lange, bis sie von erbosten Hintermännern um die Ecke gehupt werden (obwohl laut Straßenverkehrsordnung keine Verpflichtung zum Abbiegen bei Rot besteht).

Zur Erinnerung: Wer an einer mit Grünpfeil ausgestatteten Ampel bei Rot rechts abbiegen will, muss an der Haltelinie stoppen, die Situation sondieren und darf erst dann vorsichtig um die Kurve fahren. (Foto: Foto: ddp)

Zwar ist nach Angaben der Polizei noch nichts wirklich Gravierendes an Grünpfeil-Kreuzungen passiert. Das Kreisverwaltungsreferat hat trotzdem aus Sicherheitsgründen 27 bereits montierte Pfeile wieder abgeschraubt. Aktuell gibt es das DDR-Relikt noch an 74 Standorten.

Angst um Fußgänger

Wie zwiespältig das Verhältnis der Münchner zu der ostdeutschen Errungenschaft ist, zeigt die Kreuzung Wolfratshauser/Rupert-Mayer-Straße. Dort wurde derart rasant abgebogen, dass ein Anwohner ums Wohlergehen von Fußgängern und Radfahrern bangte und schließlich die Behörden informierte.

Zur Erinnerung: Wer an einer mit Grünpfeil ausgestatteten Ampel bei Rot rechts abbiegen will, muss an der Haltelinie stoppen, die Situation sondieren und darf erst dann vorsichtig um die Kurve fahren.

Das Kreisverwaltungsreferat entschied sich an der Kreuzung für einen ungewöhnlichen und bislang einzigartigen Schritt: ein Mahn-Schild. "Sie gefährden mit Ihrem Fehlverhalten den Verbleib des Grünen Pfeils", steht nun kurz vor der Ampel, ein Hinweis aufs Schicksal der 27 Blechkollegen.

Das Schild soll nun einige Zeit für Mäßigung im Straßenkampf sorgen, es wird aber nicht auf Dauer stehenbleiben. Ob das auch für die Pfeiltafel gilt, entscheiden die Autofahrer.

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Es gibt in den Vereinigten Staaten von Amerika für Kreuzungen eine Vorfahrtsregel auf den Straßen, die heißt "first come first go", was auf Deutsch bedeutet, wer zuerst kommt, soll auch als erster fahren. Außerdem darf man in den Staaten überall bei Rot rechts abbiegen. Dies funktioniert hier auch bei stark frequentierten Straßen außergewöhnlich gut, es sei denn, ein deutscher Tourist stünde dort mit seinem Leihwagen in der pole position und wagte sich keinen Millimeter in die Kreuzung. Wer diese Art entspannter Autofahrerei nicht beherrscht, wird keine Freude haben am Trip durch das weite Land.

Viele Möglichkeiten des Scheiterns

In den Vereinigten Staaten von Deutschland gibt es, seit sie so genannt werden können, eine Autofahrer-Regelung, die zwar nicht ganz so sinnfällig ist wie oben erwähnte amerikanische, aber eben auch nicht so gut funktioniert, vor allem in jenem Teil Deutschlands nicht, der früher Bundesrepublik hieß: der grüne Pfeil, in der Amtssprache Grünpfeil genannt, weil nicht identisch mit dem grünen Pfeil einer Ampel. Der erlaubt, fordert aber nicht Rechtsabbiegen bei Rot, nach vorherigem Stillstand und Überprüfung der Lage.

Es gibt viele Möglichkeiten des Scheiterns am Grünpfeil: 1. Man kennt ihn nicht und nützt ihn deswegen nicht. 2. Man kennt ihn, glaubt aber, dass, weil ja nichts funktioniert, was von drüben kommt, er auch nicht funktioniert und ignoriert ihn. 3. Man kennt ihn, nutzt ihn, übersieht aber den Radler rechts, und wird so in die Fraktion 2 getrieben.

Bleibt als Resümee: Mit der Freiwilligkeit kann der deutsche Autofahrer nicht umgehen. Deswegen verschwindet der Grünpfeil sukzessive wieder. Anders herum: Mag man sich vorstellen, was passierte, gälte die Regel "first come first go" in München? Binnen drei Sekunden läge ein Blechknäuel aus BMW, Mercedes und Porsches inmitten der Kreuzung. Dann ginge wirklich nichts mehr

© SZ vom 20.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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