Grüne OB-Kandidatin Nallinger:Einigkeit für die Seelenstreichlerin

Grüne OB-Kandidatin Nallinger: "Lust auf einen kämpferischen Wahlkampf": Sabine Nallinger nach der Wahl zur OB-Kandidatin.

"Lust auf einen kämpferischen Wahlkampf": Sabine Nallinger nach der Wahl zur OB-Kandidatin.

(Foto: Robert Haas)

Mit 94 Prozent küren die Grünen Sabine Nallinger auch offiziell zur OB-Bewerberin. Sie gilt zwar als Außenseiterin im Kampf um die Ude-Nachfolge. Doch inhaltlich hat sie ihre Konkurrenten schon mehrmals in Zugzwang gebracht.

Von Silke Lode

Die Grünen sind immer wieder für eine Überraschung gut, so auch an diesem Mittwochabend. Die Parteibasis verblüffte diesmal mit Einigkeit: mit 94 Prozent der Stimmen haben die Grünen Sabine Nallinger zur OB-Kandidatin bestimmt. So viel Harmonie gibt es bei den Grünen sonst nur, wenn sie zum Beispiel festlegen, dass bei ihren Treffen nur vegetarisches Essen serviert werden soll. 142 Mitglieder stimmten für Nallinger, neun gegen sie - ihre Konkurrenten Hep Monatzeder und Nikolaus Hoenning hatte die 49-jährige Stadträtin bereits im Sommer bei einer Urabstimmung klar geschlagen.

Mit stehenden Ovationen haben die Grünen die offizielle Nominierung ihrer Kandidatin für die Ude-Nachfolge bejubelt. Und Nallinger strahlte angesichts des Rückhalts, den sie in ihrer Partei hat: "Diese Atmosphäre lässt mich spüren, dass die Grünen Lust auf einen kämpferischen Wahlkampf haben", sagte sie unmittelbar nach der Wahl. Wie gut Nallinger es versteht, ihrer Partei die Seele zu streicheln, hat sie an diesem Abend unter Beweis gestellt.

Über eine halbe Stunde lang erinnerte sie an die fast 30-jährige Historie der Münchner Grünen im Stadtrat, zählte Errungenschaften auf und würdigte prominente Mandatsträger wie den früheren Kommunalreferenten Schorsch Welsch, die erste Bürgermeisterin der Stadtgeschichte, Sabine Csampai, und sogar für Hep Monatzeder, mit dem Nallinger eine harte Schlacht um die OB-Kandidatur geführt hatte, fand sie nur Lob. Als sie von ihren eigenen Zielen sprach, ging sie tief ins Detail - genau das wollen die Grünen, die sich als Programmpartei verstehen.

Gleiche Themen, unterschiedliche Persönlichkeiten

Verkehr, Klimaschutz, Bürgerbeteiligung, Stadtplanung - das sind die großen Themen von Sabine Nallinger. Das lässt sich so in leichten Variationen auch von den anderen OB-Kandidaten sagen. Dieter Reiter (SPD) und Michael Mattar (FDP) betonen ihre wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz etwas stärker, Josef Schmid (CSU) versucht gerade, sich über die Versäumnisse der Stadt in der Wohnungspolitik zu profilieren.

Doch im Großen und Ganzen ist es mit den OB-Kandidaten nicht anders als mit den vier großen Parteien im Stadtrat: Inhaltliche Unterschiede finden sich häufig nur in den Nuancen, radikal andere Ideen kommen fast nur von der FDP, die zum Beispiel als einzige Partei nicht vor einer Privatisierung des Stadtklinikums zurückschreckt.

Schuhplattn vs. Urbanauten

Trotzdem stehen den Münchnern bei der OB-Wahl 2014 vier völlig unterschiedliche Persönlichkeiten zur Wahl, und Sabine Nallinger erweitert das Spektrum ganz gewaltig - nicht nur, weil sie die einzige Frau in der Runde ist. Da ist Josef Schmid, Rechtsanwalt, CSU-Fraktionschef und offizieller Trachtenstadtrat, der fest in Allach verwurzelt ist und gerne erzählt, wie er mit dem Verein Alpenrösl Gebirgstrachten, Volksgesang und Schuhplattln bewahren will. Und da ist die Verkehrsplanerin Sabine Nallinger, die bei den Urbanauten und Green City aktiv ist, die den Carsharing-Anbieter Stattauto und die Solarinitiative München mitgegründet hat.

Irgendwo dazwischen, gerne in Tracht und zugleich mit einem offenen Ohr für planerische Ideen, die vielen in der SPD zu weit gehen, steht Dieter Reiter, der als Wirtschaftsreferent und langjähriger Mitarbeiter der Kämmerei als einziger Bewerber Karriere in der Verwaltung gemacht hat. Michael Mattar, der seriöse, kenntnisreiche Stadtrat, reiht sich ebenfalls in der Mitte ein - Chancen räumt ihm aber niemand ein.

"Immer wieder für eine Überraschung gut"

Auch Nallinger gilt im Vergleich zu Schmid und Reiter eher als Außenseiterin. Ihr Ziel ist trotzdem die Stichwahl, und sie ist überzeugt: "In der Stichwahl ist alles möglich." Tatsächlich hat sie ihre Konkurrenten in der frühen Phase des Wahlkampfs immer wieder unter Zugzwang gebracht. Während Schmid noch daran arbeitet, mit der CSU beim Thema Wohnen und Mieterschutz in Richtung SPD aufzurücken, übernimmt Reiter Positionen von Nallinger - etwa beim Thema autofreie Innenstadt, Stellplatzsatzung oder Genossenschaftsförderung.

Stark ist Nallinger vor allem in inhaltlichen Fragen, ihre Schwäche liegt darin, ihre Ideen griffig und weit über das Milieu der Grünen hinaus zu kommunizieren. Trotzdem gilt, was Landtags-Spitzenkandidatin Margarete Bause bei der Nominierung über ihre Parteifreundin Nallinger sagte: "München ist immer wieder für eine Überraschung gut. Und diese Überraschung könnte Sabine Nallinger sein."

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