Gröbenzell:Betonstation mit autobahnbreiter Unterführung

Schlimm ist der Bahnhof Gröbenzell nicht, schön aber auch nicht. Die Gemeinde will daran etwas ändern.

Von Claudia Fromme

Die Deutsche Bahn AG hat die Qualität ihrer Bahnhöfe untersuchen lassen. Die Stationen in der Region haben dabei schlecht abgeschnitten. Wie sich die Bahnhöfe den Kunden präsentieren, welchen Zustand sie erleben, hat die Fürstenfeldbrucker SZ unter die Lupe genommen. Heute: der Bahnhof Gröbenzell.

Das beste am Bahnhof Gröbenzell ist nicht der Bahnhof, sondern der Kiosk. Während man anderswo Probleme hat, Spiegel oder FAZ zu bekommen, lohnt es sich, bei Wolfgang Kristahn auf das US-Magazin Time oder die Moja Istina aus Belgrad vorbeizuschauen, auch wenn man gar nicht Bahnfahren will. Vielleicht, weil einem der Tunnelboulevard in der Unterführung zu zugig ist, der betonige Bahnsteig zu unwirtlich, das aba-Reisebüro sich selbst und damit den DB-Fahrkartenverkauf vor einem Jahr aufgegeben hat oder die S-Bahn zu oft zu spät kommt.

Das sind so Tage, die fürchtet Kristahn ähnlich wie solche wie den 1. April. Da wurden die Preise mal wieder satt erhöht, da muss Kristahn herhalten, wenn er von sechs morgens bis sechs abends Semmeln und Presseerzeugnisse an Berufspendler verkauft, die sich bei ihm darüber beschweren. "Manchmal werde ich ziemlich angeblafft, obwohl ich doch auch nur Pächter der Bahn bin und nicht ihr Sprecher", sagt Kristahn.

Ärger hin, Ärger her, mit kölschem Singsang begrüßt der gebürtige Rheinländer seine Stammkunden. Manche bleiben auf ein Bier, andere kaufen eine Wochenkarte, wieder andere sagen, dass der Bahnhof in Gröbenzell ein Schandfleck für die Gartenstadt sei.

Schlimm ist der Bahnhof nicht, schön aber auch nicht. Bisweilen werfen Jugendliche aus Langeweile die Scheiben dort ein oder fackeln Fahrpläne mit Feuerzeugen an. Welches der beiden Telefone der Telekom funktioniert, ist ein Glückspiel, manch einen macht die 1976 erbaute Betonstation trübe. Vielleicht ist es auch diese unglaubliche Länge des Bahnsteigs, die das Warten am Haltepunkt Gröbenzell zum Stimmungstöter macht.

Satte 277 Schritte lang ist der Bahnhof, acht Bänke stehen da in Wartehäuschen im vorderen Gleisbereich, dann folgen zwei Drittel des Bahnsteigs ohne Bank, grad im Sommer sehr unschön.

Die autobahnbreite Unterführung hat einen Vorteil, der zugleich ihr Nachteil ist. Müffelt es anderenorts nach Kippen, Urin und Müll, weht hier eine frische Brise. Kurzum: Es zieht wie Hechtsuppe, zudem gipfelt der Lärm der S-Bahnen plus Güterzüge zum steten Donnerhall.

Auch wenn Vereine und Parteien Gröbenzells regelmäßig ihre Schaukästen neu dekorieren, Pendler halten sich in der unwirtlichen Durchfahrt nicht auf. Dass Dr. Eicke Götz zu seinem 60. Geburtstag dem Schützenverein "Almrausch" eine Scheibe mit seinem Konterfei spendiert hat oder was die Landsmannschaft Schlesien so treibt, bleibt ihnen verschlossen.

Schön allerdings ist am Gröbenzeller Bahnhof, dass er in den Ort eingebunden ist. Wem der Bahnhof zu unwirtlich ist, oder etwas braucht, was es beim gut sortierten Kiosk von Wolfgang Kristahn nicht gibt, der erreicht in wenigen Schritten Cafés, Biergärten, Bäcker und Schlecker. Rackl, Café Valentin und das Paulanerstüberl sorgen für Gastlichkeit.

Dass der Bahnhof selbst wirtlicher werden muss, ist im Gemeinderat lange Thema. Vor zwei Jahren hat erst der Planungs- und Umweltausschuss und später der Gemeinderat beschlossen, dass der Gröbenzeller Bahnhof im Zuge der Neugestaltung des Ortszentrums als erster Bereich umgebaut werden soll. Passiert ist noch nichts, im nächsten Jahr soll nicht mehr nur diskutiert werden.

Erst vor acht Jahren ist die Unterführung umgestaltet worden, hätte man damals mehr Licht und Farbe hineingebracht, müsste der Bürger jetzt nicht schon wieder bezahlen, monieren die einen. "Unser Bahnhof muss schöner werden", entgegnet Bürgermeister Bernd Rieder. Vor einiger Zeit hat die Junge Union bei einer Umfrage unter Jugendlichen herausgefunden, dass sie Gröbenzell schön finden, wenn da nicht dieser unglaublich hässliche Bahnhof wäre. Dafür lobten sie die gute Ausstattung des Ortes mit Tankstellen. Wieder ein Argument gegen den S-Bahn-Halt.

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