Gesundheit:Die Ruhe vor der Grippewelle

Gesundheit: Noch ist wenig los in der Notaufnahme des Klinikums in Bogenhausen.

Noch ist wenig los in der Notaufnahme des Klinikums in Bogenhausen.

(Foto: Robert Haas)

Viele Münchner plagen sich bisher mit eher harmlosen Erkältungen. Aber die Ärzte bereiten sich schon auf Schlimmeres vor.

Von Inga Rahmsdorf

Husten, Schnupfen, Heiserkeit: In München erkälten sich gerade wieder viele Menschen. In den Schulklassen lichten sich die Reihen und auch in den Büros fehlen wieder mehr Kollegen als zur schönen Jahreszeit - dabei müssten die Nachwehen der Wiesn eigentlich längst abgeklungen sein. Experten sehen den goldenen Herbst als Auslöser der vielen Erkältungserkrankungen. Denn selbst wenn die Sonne scheint, ist es im Schatten und an windigen Stellen kalt. Wer sich da nicht richtig anzieht, holt sich schnell eine Schniefnase. Auch in die Hausarztpraxis von Oliver Abbushi in Oberhaching kommen derzeit wieder vermehrt erkältete Patienten. "Influenzaerkrankungen haben wir im Moment aber noch keine", sagt der Hausarzt. Denn die richtige Grippewelle steht der Stadt erst noch bevor.

Seit Anfang Oktober wurden in der Stadt fünf Grippefälle gemeldet, heißt es auch aus dem Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU). Das entspricht in etwa den Vorjahreswerten. Der Höhepunkt der Grippeinfektionen liegt in der Regel erst zwischen Januar und März - es bleibt also noch genug Zeit, um vorzubeugen. Wie nötig das ist, zeigt der Blick ins vergangene Jahr, als die Behörden eine massive Grippewelle registrierten, in München und bundesweit. Zwar hat die Grippesaison relativ spät angefangen, sich dann aber sehr viel schneller als in den Vorjahren ausgebreitet. Im vergangenen März wurden in München innerhalb von nur einer Woche mehr als 1200 Fälle gemeldet.

Die München Klinik rechnet auch in dieser Grippesaison wieder mit einer erhöhten Belastung der Notfallzentren und bereiten sich schon darauf vor. Die Krankenhäuser seien gut für Grippewellen auch mit vielen schwerwiegenden Erkrankungsverläufen gewappnet, sagt Kliniksprecher Raphael Diecke. Es gebe Isolationsmöglichkeiten, zudem könnten weitere Bettenkapazitäten aktiviert werden. Die sind aber nur für wirklich ernsthaft erkrankte Patienten gedacht. Mit der Notrufnummer 112 sollten die Menschen sorgsam umgehen, sagt

Christoph Dodt, Chefarzt des Notfallzentrums der München Klinik Bogenhausen. Bei leichten Krankheitsverläufen und ambulanten Fällen sei tagsüber der Hausarzt der richtige Ansprechpartner, außerhalb der Öffnungszeiten stünden ärztliche Bereitschaftspraxen zur Verfügung. So könnten die Notfallzentren in den Krankenhäusern entlastet und lange Wartezeiten bei leichten Erkrankungen vermieden werden. Unter der Nummer 116117 erfahren Patienten, welcher niedergelassene Arzt gerade Dienst hat.

"Insgesamt ist die Grippe an sich keine schlimme Erkrankung und es muss bei unkomplizierten Verläufen auch kein Grippetest durchgeführt werden", sagt Dodt. Er rät chronisch kranken Menschen aber, besonders auf sich zu achten und im Zweifelsfall rechtzeitig den Hausarzt aufzusuchen.

Für Senioren und abwehrgeschwächte Menschen könne eine Grippeinfektion hingegen gefährlich werden, warnt Brigitte Buchwald-Lancaster, Chefärztin des Zentrums für Akutgeriatrie an der München Klinik Neuperlach. Das Immunsystem sei dann häufig nicht mehr so leistungsfähig, zudem verlaufe die Krankheit oft schwerwiegender, wenn der Patient in höherem Altern chronische Vorerkrankungen habe.

Wichtig ist eine vitaminreiche Ernährung

Für Kinder sei die Grippe in der Regel nicht gefährlich, sagt Florian Bauer, leitender Oberarzt für Kinder- und Jugendmedizin an der München Klinik Harlaching. In der Regel treten bei Kindern die gleichen Symptome auf wie bei Erwachsenen. Plötzlich eintretendes und sehr hohes Fieber, starke Halsschmerzen, Kopf- und Gliederschmerzen sowie ein trockener, starker Reizhusten. Kindern können aber auch eher untypische Symptome wie Bauchweh oder starke Übelkeit aufweisen. Mit dem schlagartigen Eintritt unterscheidet sich die Grippe auch von der Erkältung, die schleichend daherkommt. Häufig ist die Grippe von starken Halsschmerzen und hohem Fieber begleitet. Schnupfen und verstopfte Nase sind dagegen klassische Erkältungssymptome.

Kinderarzt Bauer empfiehlt, besonders in der kalten Jahreszeit auf eine vitaminreiche Ernährung zu achten, beispielsweise mit Zitrusfrüchten mit viel Vitamin C und Milchprodukten mit Vitamin A. Und Kinder sollten viel trinken, da trockene Schleimhäute besonders anfällig für Viren und Bakterien sind. Zusätzlich gibt es simple, aber wirksame Maßnahmen, um das Risiko einer Infektion zu minimieren: sich immer gründlich die Hände zu waschen und nur in Wegwerftaschentücher zu niesen. Wer bereits erkrankt ist, sollte frühzeitig vom Arbeitsplatz, Schulen und Kitas fernbleiben. Das Team der Klinikhygiene der München Klinik rät Besuchern in Krankenhäusern auch, während der Grippesaison die Krankenzimmer nur mit Schutzkittel, Mund- und Nasenschutz und vorheriger und anschließender Händedesinfektion zu betreten.

Zusätzlich kann man sich impfen lassen. Das sollte man am besten tun, bevor die Grippewelle anrollt, wie das RGU rät. "Ein kleiner Piks mit großer Wirkung", sagt Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs. Dafür kann man sich an seinen Hausarzt wenden oder auch an die telefonische Impfsprechstunde des RGU (täglich von Montag bis Freitag von 11 bis 12 Uhr unter der Telefonnummer 233-66907). Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Grippeimpfung für alle Personen über 60 Jahre, für chronisch Kranke aller Altersstufen sowie für Schwangere und für Medizin- und Pflegepersonal. Zwischen zwei und zehn Millionen Menschen erkranken nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) an der Influenza. Mit keiner anderen Impfung ließen sich hierzulande mehr Leben retten, heißt es dort.

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