Grenzwerte:Wie Münchens Luft verbessert werden könnte

Grenzwerte: In dicker Luft langsam vorwärts kommen: Das ist der Alltag in der Stadt.

In dicker Luft langsam vorwärts kommen: Das ist der Alltag in der Stadt.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • In München werden seit Jahren immer wieder Grenzwerte für Stickstoffdioxid überschritten.
  • Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass dagegen Maßnahmen ergriffen werden müssen.
  • Bisher sind noch keine konkreten Lösungen absehbar.

Von Thomas Anlauf

Jeden Morgen das gleiche Bild: Eine Stadt steckt im Stau. Stoisch nehmen täglich Hunderttausende Autofahrer den Kriechverkehr in Kauf, weil sie auf das Auto angewiesen sind oder nicht auf Bus, Tram, Bahn oder Rad umsteigen wollen. Ähnlich stoisch reagiert die Politik darauf, dass in München seit Jahren die Grenzwerte für Stickstoffdioxid an einigen Stellen weit überschritten werden.

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts München, dass endlich wirksamere Maßnahmen zur Einhaltung des Immissionsgrenzwerts in der Landeshauptstadt ergriffen werden müssen, bleiben die Verantwortlichen ziemlich gelassen. Die Staatsregierung "sieht pauschale Einfahrverbote für Dieselfahrzeuge in bayerische Innenstädte nicht als Lösung an und lehnt diese ab", teilt das bayerische Umweltministerium mit. Und das Münchner Umweltreferat meint, "jetzt ist zuerst der Freistaat als Beklagter gefragt". Umweltreferentin Stephanie Jacobs setzt auf die Münchner, künftig einfach weniger Auto zu fahren.

Für die Münchner Umweltorganisation Green City ist der Fall damit nicht erledigt. "Sollte die Stadt keine konkreten und schnell wirksamen Maßnahmen vorlegen, um die Grenzwerte einzuhalten und damit die Gesundheit der Menschen zu schützen, werden wir ein Bürgerbegehren starten", sagt Andreas Schuster von Green City. Die Münchner würden sich "nicht mehr mit leeren Versprechungen und wenig ambitionierten Plänen abspeisen lassen", so Schuster.

Seit Mai misst die Umweltorganisation exemplarisch an der Flurstraße in Haidhausen den Feinstaub in der Luft. Dort besuchen fast eintausend Kinder Schulen, Krippen und andere Kindertageseinrichtungen. "Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass die Werte genau in der Zeit besorgniserregend ansteigen, in der die Kinder in der Früh unterwegs sind", sagt Schuster. Zwar räumt das Umweltreferat ein, dass in München immerhin die Feinstaubwerte die gesetzlichen Grenzwerte nicht mehr überschreiten, "bei Stickstoffdioxid ist dies noch nicht der Fall", so Umweltreferentin Stephanie Jacobs.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat deshalb das Umweltreferat beauftragt, "gemeinsam mit dem Freistaat Bayern denkbare Maßnahmen zu entwickeln und Lösungsmöglichkeiten vorzuschlagen". Wie diese jedoch aussehen können, bleibt offen. Eine City-Maut oder eine Blaue Plakette für Diesel-Fahrzeuge seien Sache des Freistaats oder des Bundes, betont Jacobs. Das bayerische Umweltministerium will demnächst ein Gutachten vorstellen, das konkrete Handlungsempfehlungen zur Reduzierung von Stickstoffdioxid in Städten vorsieht. Darin dürfte es vor allem darum gehen, wie Autoverkehr künftig vermieden werden kann.

Und das kann vor allem über den weiteren Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) funktionieren. Die Deutsche Umwelthilfe DUH fordert die Landeshauptstadt nun auf, im Nahverkehr Busse und Bahnen mit speziellen Filtersystemen nachzurüsten. Doch "ein guter Teil unserer Flotte ist bereits damit ausgerüstet", sagt MVG-Sprecher Matthias Korte. Der "wirksamste Beitrag" zur Reduzierung von Feinstaub und Stickstoffdioxid sei hingegen ein höherer ÖPNV-Anteil am städtischen Verkehr im Vergleich zum Individualverkehr.

Auch für Taxis verlangt die Umwelthilfe Einschränkungen. Dieselfahrzeuge sollen demnach von 2018 an generell verboten werden. "Wir wollen als Taxifahrer auch in einer sauberen Stadt leben", sagt dazu Frank Kuhle, Geschäftsführer von Taxi München eG. Allerdings gebe es ohnehin nur insgesamt 3400 Taxis gegenüber etwa 800 000 zugelassenen Fahrzeugen in der Stadt. Zudem setzen immer mehr Taxifahrer auf Eco-Autos. Eine Sperrung der Innenstadt für Taxis kann sich Kuhle überhaupt nicht vorstellen. "Wir haben schließlich eine gesetzliche Beförderungspflicht." Doch nach dem Gerichtsurteil werden wohl viele Münchner umdenken müssen.

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