Gratis-Kinderbetreuung in Unterföhring:Luxus-Leistung

In Unterföhring kostet die Kinderbetreuung keinen Cent - ein Angebot, das deutschlandweit seinesgleichen sucht. Für viele junge Familien ist das ein Grund, in die Gemeinde zu ziehen. Zahlreiche Vermieter werben mit der Kostenlos-Betreuung, doch der Bürgermeister sieht das gar nicht gern.

Ines Alwardt

Werben, das tun sie nur hinter vorgehaltener Hand, heimlich. Aber oft mit Erfolg. "Der eine oder andere macht schon einen Euro mehr locker, wenn der Vermieter ihm verspricht, dass die Kinderbetreuung bei uns kostenlos ist", sagt Franz Schwarz (SPD).

Glücklich ist Unterföhrings Bürgermeister über die unlautere Werbung von Bauträgern und Vermietern nicht - auch wenn sie seiner Kommune regelmäßig neue Einwohner beschert. "Die Werbung mit der Kinderbetreuung, das ist eine riskante Angelegenheit", sagt Schwarz.

Seit 30 Jahren können Eltern ihr Kind in Unterföhrings Kindergärten umsonst betreuen lassen, fast so lange auch schon im Hort. Lediglich 50 Euro Essensgeld zahlen die Eltern im Monat. Und als vor vier Jahren die ersten Krippen öffneten, entschied sich der Gemeinderat, den Unterföhringern auch die Gebühren für die Betreuung der Ein-bis Dreijährigen zu ersparen.

Ein Angebot, das deutschlandweit seinesgleichen sucht - und für viele junge Familien Grund genug ist, nach Unterföhring ziehen. "Im Monat macht das für eine Familie netto schnell man 300 bis 400 Euro aus", weiß Schwarz.

Auch Anke Hillebrand und ihr Mann zogen deshalb vor 14 Jahren nach Unterföhring. "Das ist für Familien der Himmel auf Erden", sagt Hillebrand. Erst vor vier Jahren kam ihre Tochter Lilly auf die Welt, aber schon damals sei die kostenlose Kinderbetreuung der Hauptgrund für den Ortswechsel von Sachsen nach Bayern gewesen.

Weil Anke Hillebrand genau wie ihr Mann die ganze Woche arbeitet, beantragte sie nach der Elternzeit einen Krippenplatz für Lilly - und bekam ihn, ohne lange warten zu müssen. "Wir waren wirklich froh, woanders ist es sehr schwer, einen Platz zu bekommen", sagt Hillebrand.

Ein Luxus, den man sich leistet

Etwa eine Million Euro gibt die Gemeinde für die Kinderbetreuung jährlich aus. Drei Kindergärten, ein neues Kinderhaus mit Krippe und zusätzlichem Kindergarten sowie drei Kinderkrippen und ein Hort: 820 Kinder werden derzeit in Unterföhrings Einrichtungen betreut.

Von den etwa 10.000 Einwohnern sind 13 Prozent im Alter von null bis zehn Jahren. Laut Schwarz reichen die Betreuungsangebote aus, der Bedarf für Kindergarten- und Hortplätze sei zu hundert, für Krippenplätze zu achtzig Prozent abgedeckt. Auch raummäßig sei man gut aufgestellt.

Aber Werbung? "Wir selbst werben nicht damit, das ist sowieso ein Selbstläufer", sagt Schwarz. Dass sich einige Bauträger und Vermieter mit dem kostenlosen Angebot geschäftliche Vorteile verschaffen wollen, sieht Schwarz deshalb nicht gern: "Die bewegen sich rechtlich auf sehr dünnem Eis", sagt er. "Schließlich gibt es keinen Rechtsanspruch auf die Kostenlosigkeit."

Dass die Betreuung gebührenfrei bleibt, kann auch die wirtschaftsstarke Gemeinde Unterföhring nicht garantieren. "Jedes Jahr diskutiert der Gemeinderat neu über die Gebühren", sagt Schwarz. "Ein Versprechen in die Zukunft machen wir nicht." Die kostenlose Betreuung sei ein Luxus, "den wir uns einfach leisten", sagt Schwarz.

Im Januar hat das neue Kinderhaus in Unterföhring eröffnet - sofort waren alle vorhandenen Plätze vergeben. Zwei weitere Kinderkrippengruppen gehen Anfang 2012 im Römerweg in Betrieb. "Im Moment", sagt Franz Schwarz, "konzentrieren wir uns aber ganz und gar auf die Erweiterung der Grundschule", sagt Franz Schwarz. Denn auch dort spürt man den Zuwachs.

320 Kinder gehen im Moment dort zur Schule, im Jahr 2015 werden es 500 sein. Der Architektenwettbewerb ist abgeschlossen, im kommenden Jahr will die Gemeinde mit dem Bau beginnen. Die Zeit drängt: Denn auch die Kinder aus den Krippen werden älter. "Und in zwei Jahren kommt Lilly schon in die Schule", sagt Hillebrand.

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