Süddeutsche Zeitung

Gräfelfing:Platz für den Huchen

Wegen einer Fischaufstiegsanlage verteuert sich der Umbau des alten Wasserkraftwerks an der Würm

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Der Umbau des alten Wasserkraftwerks in Gräfelfing an der Würm ist längst beschlossene Sache. Das Werk soll wieder rentabler laufen und Strom erzeugen. Neu ist, dass die Anlage verschoben und an einer anderen Stelle in die Würm eingebaut werden muss. Das ist aufwendig, aber aus ökologischen Gründen erforderlich. Der Umweltausschuss befürwortete diese Planung trotz erheblicher Mehrkosten in der jüngsten Sitzung.

Seit 2016 debattiert der Gemeinderat darüber, was mit dem alten unrentablen Wasserwerk, der Kraemermühle, geschehen soll. Im vergangenen Jahr fiel der Beschluss, ein Schachtkraftwerk zu errichten, das eine rentable Stromerzeugung garantieren soll, die Gemeinde stieg in den Genehmigungsprozess ein. Ein Wasserkraftwerk muss heute ökologische Standards erfüllen, Fische dürfen nicht in ihrem Lebensraum eingeschränkt werden. So muss eine Mindestwassermenge im Fluss gewährleistet sein, nachdem Wasser für den Betrieb des Kraftwerks abgezweigt worden ist. Außerdem müssen Fische die Anlage passieren können.

In einem ersten Gespräch mit der Fischereibehörde war die Gräfelfinger Planung positiv beurteilt worden. Im weiteren Verfahren wurde die Gemeinde jedoch mit hohen Hürden konfrontiert: Der Huchen, der bis zu einem Meter lang wird, gilt als Leitfischart und muss die Fischaufstiegsanlage passieren können. Den Huchen gibt es derzeit zwar gar nicht in der Würm, sagt Lydia Brooks vom Umweltamt. Aber er soll dort wieder heimisch werden. Um eine verbesserte Fischaufstiegsanlage zu schaffen, kann die neue Turbine nicht an Stelle der alten direkt unter dem Steuerungshaus eingebaut werden, sondern muss um 20 Meter verschoben werden. Dafür ist eine neue Baugrube nötig, und die Ufermauer muss verlängert werden, erklärte Stefan Wöllisch, der das Kraftwerk plant. Das Steuerungshaus kann aber stehen bleiben. Außerdem werden Buchten in die Würm eingebaut, die eine Mindestwassermenge garantieren sollen. Für die Bürger bringt das gleichzeitig mehr Aufenthaltsqualität. "Der Standort ist extrem schwierig", sagte Wöllisch. "Es ist eng, und wir haben eine begrenzte Wassermenge." Die Rentabilität des Werks sei angesichts der neuen Auflagen "gerade noch vertretbar".

Der aufwendige Umbau kostet mehr Geld. Insgesamt kommen auf die Gemeinde etwa zwei Millionen Euro zu. Zunächst war man von rund 1,2 Millionen Euro ausgegangen. Der Ausschuss stimmte den Mehrausgaben zu. "Wir sollten es uns leisten, den Standort weiter zu betreiben", sagte Bürgermeister Peter Köstler (CSU). "Wir haben eine ökologische Verantwortung". Würde die Gemeinde das Werk stilllegen, ergäben sich ebenfalls Kosten: Es müsste zurückgebaut und das verbleibende Wehr gesteuert werden, um den Wasserspiegel konstant zu halten.

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Quelle:
SZ vom 29.07.2020
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