Gräfelfing:Neue Route, alte Probleme

Gräfelfing: Die Entlastungsstraße hätte Folgen für das Gräfelfinger Straßennetz - hier der Abschnitt zwischen Altenheim St. Gisela und der Würmtalstraße.

Die Entlastungsstraße hätte Folgen für das Gräfelfinger Straßennetz - hier der Abschnitt zwischen Altenheim St. Gisela und der Würmtalstraße.

(Foto: Robert Haas)

Der frühere Gräfelfinger Bürgermeister Christoph Göbel hat erneut mit der Entlastungsstraße zu tun - nun als Landrat

Von Stefan Galler, Gräfelfing

Ein Grund, warum er sich um das Amt des Landrats beworben habe, sagt Christoph Göbel (CSU) immer wieder mit einem Augenzwinkern, sei die nervtötende Debatte um eine Anbindung der A 96 und des Gewerbegebietes in Gräfelfing gewesen, mit der er sich bereits als Bürgermeister der Würmtalgemeinde bis zu seinem Wechsel ins Amt am Mariahilfplatz hatte herumschlagen müssen. Er hätte das Problem gerne damals gelöst, doch alle Anläufe scheiterten, inklusive eines Bürgerentscheids für eine neue Staatsstraße 2013. Nun ist das Thema wieder in Göbels Zuständigkeit gelandet - und weiterhin kein Selbstläufer. Zumindest hat sich eine große Mehrheit der Mitglieder des Kreisausschusses in seiner jüngsten Sitzung "dem Grunde nach" für den Bau einer Entlastungsstraße östlich des Gewerbegebiets Lochham ausgesprochen.

Allerdings weist der Beschluss eine Reihe von Einschränkungen auf. So "könnte" der Landkreis als Straßenbaulastträger auftreten, aber nur unter der Voraussetzung, "dass die Finanzierung des Bauprojekts durch die Gemeinde Gräfelfing sichergestellt ist". Zudem verpflichteten sich die Kreispolitiker mit ihrem Beschluss dazu, vor einer Umsetzung den gesamten Umgriff einer solchen Maßnahme zu untersuchen und Gespräche mit der Landeshauptstadt München sowie den Gemeinden Planegg und Neuried zu führen.

Das ist deshalb notwendig, weil die Folgen einer Umsetzung weitreichende Konsequenzen haben dürften: Sollte die Entlastungsstraße zwischen der Autobahn und der Staatsstraße 2343 (Würmtalstraße) als Kreisstraße realisiert werden, würde diese nämlich mittels eines Kreisverkehrs an die Gemeindestraße Neurieder Weg angebunden werden. In der Folge würde die Würmtalstraße zwischen der Pasinger/Planegger Straße in Gräfelfing und der Stadtgrenze München von einer Staats- zu einer Kreisstraße rückgestuft und von insgesamt vier auf zwei Spuren reduziert werden, schließlich sollte der Verkehr auf diesem Teilstück durch die neue Entlastungsstraße deutlich gedrosselt werden.

Wie schon im Mobilitätsausschuss vor einigen Wochen gab es auch im Kreisausschuss eine lebhafte Debatte zu dieser Entscheidung. So unterstrich der Grüne Markus Büchler noch einmal die Ablehnung der Pläne durch seine Fraktion: "Die Methode, durch Straßenbau Verkehrsprobleme zu lösen, ist aus der Zeit gefallen", sagte der Landtagsabgeordnete aus Oberschleißheim. Er verwies auf die Schülerproteste im Rahmen der "Fridays for Future"-Kampagne, schließlich würde sich diese auch gegen Flächenversiegelung und damit für eine Verkehrswende positionieren: "Es ist Zeit umzukehren und den ÖPNV auszubauen. Wer weiterhin den Straßenbau für ein probates Mittel hält, hat den Zeitgeist nicht erkannt", so Büchler. Der Landrat reagierte: "Deshalb geht es hier ja auch nicht darum, eine Straße zu bauen, sondern Autobahn und Industriegebiet zu erschließen", sagte Göbel und erwähnte den geplanten Rückbau der Würmtalstraße: Dadurch werde ein Teil der Versiegelung rückgängig gemacht.

Auch bei den Gräfelfinger Bürgern ist das Bauprojekt umstritten. Während im Kreisausschuss FDP-Politiker Jörg Scholler vehement gegen die Entlastungsstraße wetterte ("unverantwortlich"), sagte Florian Ernstberger (Freie Wähler): "Genau weil ich dort wohne, bin ich für die Straße." Unterdessen hatte sich zuletzt auch die Gräfelfinger SPD gegen die Pläne ausgesprochen. Der Ortsverein äußerte sein Unverständnis darüber, dass die Gemeinde eine Kreisstraße finanzieren solle. Und führte ökologische Argumente an: "Nachdem sich gerade erst ein großer Teil der Gräfelfinger Bevölkerung für den Erhalt der Artenvielfalt ausgesprochen hat, soll nun für den Bau einer neuen Straße ein Teil des Grünzugs geopfert und versiegelt werden. Den Bedenken von FDP und Grünen können wir uns nur anschließen", so die Gräfelfinger SPD-Vorsitzende Anette Kitzmann-Waterloo.

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