Süddeutsche Zeitung

Gräfelfing:Kämpferin in Bildungsfragen

Die Gräfelfingerin Viera Horch tritt in der Slowakei bei den Nationalratswahlen für die Bewegung Olano an

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Viera Horch eilt ein Ruf voraus: Wenn sie irgendwo rausgeworfen wird, kommt sie zur anderen Tür wieder herein. "Das sagt man mir nach", erzählt sie nicht ohne Stolz. "Wenn ich etwas für richtig erachte, setze ich das durch." Damit bringt die 72 Jahre alte Gräfelfingerin einen entscheidenden Charakterzug mit für eine erfolgreiche Karriere als Politikerin. Die Slowakin, die seit fast 50 Jahren in Deutschland lebt, davon fast 40 Jahre in Gräfelfing, kandidiert bei den Nationalratswahlen des slowakischen Parlaments am 29. Februar als Abgeordnete für die Bewegung "Olano". Sie tritt insbesondere für die Interessen von den tausenden Slowaken an, die im Ausland leben.

Viere Horch ist selbst eine der geschätzt 2,8 Millionen Slowaken, die im Ausland leben, 25 000 davon sollen in Deutschland zu Hause sein. Die Wirtschaftswissenschaftlerin lernte zu Studienzeiten während eines Praktikums ihren späteren Ehemann Dieter Horch in München kennen, der später lange Jahre SPD-Vorsitzender in Gräfelfing war. Nach dem Studium zog sie nach Deutschland, heiratete und blieb.

Vor etwa 15 Jahren kam sie mit dem slowakisch-deutschen Kulturklub in München in Kontakt. Der Klub, der etwas mehr als 70 Mitglieder zählt, organisiert unter anderem Musikabende, Vorträge, Buchbesprechungen. Es kommen viele ältere Besucher, sagt Horch, diese seien Ende der Sechzigerjahre nach Deutschland ausgewandert. Aber auch junge Leute seien dabei, die als EU-Bürger in Deutschland arbeiten. Horch ist seit 2011 Vorsitzende des Klubs, am 1. März gibt sie das Amt an einen jüngeren Nachfolger ab.

Ihr politisches Engagement war nicht geplant. Aber ihr zweiter Ruf als engagierte Kämpferin in Bildungsfragen, die die Slowaken im Ausland bewegen, machte Mitstreiter der Bewegung Olano auf sie aufmerksam. Jetzt kandidiert sie auf Platz 122 der Liste der Bewegung, die parteifreie, unabhängige Bürger für das Parlament in Bratislava umfasst. Auch für die Gräfelfinger SPD kandidiert sie bei der Kommunalwahl im März als Parteilose auf Platz 13 für den Gemeinderat.

Viera Horch tritt für Reformen in der Bildungspolitik bei den Nationalratswahlen an. Sie hält sich als selbsternannte "Bildungsexpertin" prädestiniert dafür: 35 Jahre lang hat sie an der Ludwig-Maximilians-Universität in der Stabsstelle für Strategie und Entwicklung gearbeitet, zudem ist sie seit Jahren Mitglied in der staatlichen slowakischen Schulkommission für Unterrichtswesen in Westeuropa und in Übersee. Seit rund zehn Jahren organisiert sie über den Kulturklub ehrenamtlich Sprachunterricht für in Deutschland lebende slowakische Kinder. Viele Familien seien nur für einen begrenzten Zeitraum in Deutschland, erklärt sie. Wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, sei es wichtig, dass sie ihre Heimatsprache sprechen, lesen und schreiben können. Bisher werde dieser Unterricht ehrenamtlich organisiert, Horch will sich dafür einsetzen, dass eine vom slowakischen Staat organisierte und finanzierte Schulausbildung für die im Ausland lebenden Slowaken etabliert wird.

Ein zweites Thema treibt sie um: die Anerkennung slowakischer Berufsausbildungen und Schulabschlüsse in Deutschland. Als Übersetzerin für Slowakisch, die häufig slowakische Zeugnisse ins Deutsche übersetzt, hat sie erfahren, dass kaum ein Abschluss in Deutschland anerkannt wird. Das kann in ihren Augen nicht sein.

Um ins Parlament gewählt zu werden, benötigt sie mindestens 6000 Stimmen. Sollte die Wahl erfolgreich für sie ausgehen, will sie das Mandat annehmen. "Dann machen wir hier die Bude zu und gehen in die Slowakei."

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SZ vom 28.01.2020
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