Süddeutsche Zeitung

Gräfelfing:Jede Antwort zählt

Die Gemeinde Gräfelfing startet eine groß angelegte Umfrage, um das tatsächliche Interesse an Geothermie zu erkunden

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Gemeinde Gräfelfing will beim Thema Geothermie nun Nägel mit Köpfen machen. In der kommenden Woche startet eine Befragung von Haushalten und Unternehmen, um abzuklopfen, wer und wie viele tatsächlich ein konkretes Interesse haben, künftig die Erdwärme zu beziehen. Denn: Die Wirtschaftlichkeit der Geothermie in Gräfelfing müsse gegeben sei, bevor die Gemeinde das Projekt weiterverfolge, stellte Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) bei einer Informationsveranstaltung im Rathaus am Donnerstag fest. Die breit angelegte Befragung übernimmt ein externes Energieberatungs-Büro, das die Gemeinde bei der Umsetzung des Projektes unterstützt.

Seit dem Ende des vergangenen Jahres verfügt die Gemeinde über die Geothermie-Bohrrechte auf dem Gebiet, das sich von Freiham bis fast nach Gauting erstreckt. Der Gemeinderat hatte die Wirtschaftlichkeitsprüfung eingefordert. Erst wenn genaue Zahlen vorliegen, will das Gremium eine Grundsatzentscheidung fällen, ob die Kommune das Projekt weiterverfolgen soll. Bürgermeisterin Wüst strebt diesen Beschluss Ende Juli an.

Das Beratungsbüro ecb, das mit der Befragung beauftragt ist, konzentriert sich zunächst auf jene Teile des Gemeindegebietes, in dem die größten potenziellen Abnehmer zu vermuten sind - südlich der Autobahn und östlich der Bahnstrecke, also das Gebiet um die Bahnhof- und Rottenbucherstraße sowie das Gewerbegebiet. Denkbar wäre es , eine Ringleitung zu bauen, die dann weiter über die Lochhamer und Pasinger Straße führt, sagte Bauamtsleiterin Elisabeth Breiter, die zugleich Vorsitzende der gemeindeeigenen Fernwärmenetz GmbH ist. In Gebieten mit vielgeschossigem Wohnungsbau oder mit Unternehmen mit großem Wärmebedarf erwartet Frank Brillert, Geschäftsführer der ecb, das größte Interesse an der Fernwärme. Dort finden sich auch Gebäude der Gemeinde, die ohnehin mit Geothermie betrieben werden sollen. Dazu gehören die Musikschule, die Wache der Feuerwehr oder der Schulcampus. Um die Wirtschaftlichkeit zu garantieren, müssten 60 Prozent des Energieverbrauchs in dem besagten Gebiet künftig über Geothermie abgedeckt werden, rechnete Benjamin Richter von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl und Partner vor, welche die Gemeinde berät.

Erstmals liegen nun auch konkrete Zahlen vor. Sie zeigen, was die Geothermie später kosten soll. Wer einsteige, sei zunächst mit 2200 Euro Investitionskosten dabei, sagte Benjamin Richter. Dafür wird neuen Geothermie-Kunden die Wärmetauschanlage in den Keller gestellt und ein Fernwärmeanschluss bis zu fünf Meter ins Grundstück verlegt. Die Erdwärme selbst soll dann in etwa sieben Prozent günstiger als Gas und 30 Prozent günstiger als Heizöl sein. Einen "Riesenreibach" wolle man nicht machen, betonte Richter: "Sonst stirbt das Projekt."

Um die Bürger zu informieren und zu befragen, will das Beratungsbüro verschiedene Kanäle nutzen. Die Haushalte werden schriftlich kontaktiert, es soll aber bald auch eine Homepage zur Verfügung stehen. Ferner wollen die Energieberater telefonisch mit potenzieller Kundschaft in Kontakt treten. Zudem können Gesprächstermine vereinbart werden, bei denen individuelle und technische Fragen beantwortet werden.

Uta Wüst ist zuversichtlich, dass sich in Gräfelfing die Geothermie durchsetzt; außerdem hätten Planegg und Neuried Interesse bekundet. Läuft alles planmäßig, könnte in zwei bis drei Jahren Erdwärme verfügbar sein.

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Quelle:
SZ vom 05.05.2017
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