Gräfelfing:Gemeinsam leben

Gräfelfing: Seit fünf Jahren leben sie zusammen - und sind Freunde geworden: Student Johannes (links) und Till.

Seit fünf Jahren leben sie zusammen - und sind Freunde geworden: Student Johannes (links) und Till.

(Foto: Catherina Hess)

Die Gemeinde Gräfelfing lässt prüfen, ob sich ihr Grundstück an der Bahnhofstraße für ein inklusives Wohnprojekt eignet

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Im Gräfelfinger Ortszentrum könnte ein inklusives Wohnprojekt entstehen. Ein Architekt soll prüfen, ob sich das denkmalgeschützte Haus an der Bahnhofstraße 105 dafür eignet. Das beschloss der Hauptausschuss vor Kurzem einstimmig. Die Verwaltung hat insgesamt fünf Liegenschaften und Grundstücke der Gemeinde auf ihre Eignung hin untersucht, "die Bahnhofstraße schneidet am besten ab", sagte Peter Köstler (CSU), der als Zweiter Bürgermeister die Sitzung leitete. Das Haus an der Bahnhofstraße/Ecke Professor-Kurt-Huber-Straße ist hinter dichten Hecken und Bäumen verborgen. Für den vorderen Teil des Grundstücks direkt an der Bahnhofstraße hatte Architekt Klaus Molenaar kürzlich eine städtebauliche Studie vorgestellt, wie dort eine neue Häuserzeile entstehen könnte, mit Geschäften und neuen Wohnungen, die zu günstigen Preisen vermietet werden sollen. Das denkmalgeschützte Haus auf dem hinteren Grundstücksteil soll jetzt genauer untersucht werden, ob sich dort eine Wohngemeinschaft für Menschen mit und ohne Behinderung einrichten ließe.

Die Immobilie an der Bahnhofstraße erfüllt alle Kriterien: Die Distanzen zu Geschäften und öffentlichen Nahverkehrsmitteln sind kurz, und die Wohnfläche ist größer als 170 Quadratmeter. Jetzt muss sich zeigen, ob sich das Gebäude auch umbauen lässt, sodass eine Wohngemeinschaft Platz findet, wie groß der Sanierungsbedarf ist und ob Barrierefreiheit umgesetzt werden kann. Alternativ könnten auch Objekte an der Rudolfstraße und an der Aubinger Straße infrage kommen. Sie sollen aber erst dann genauer geprüft werden, wenn sich die Immobilie an der Bahnhofstraße nicht eignen sollte.

Wer eine solche Wohngemeinschaft eines Tages betreibt und wer dort einzieht, ist noch völlig offen. "Im ersten Schritt muss das Gebäude geeignet sein", sagte Köstler. Hans-Joachim Kramer (parteifrei) plädierte dafür, auch sicherzustellen, dass Menschen mit knappem Budget den Vorzug erhalten. Er regte an, das Projekt gleich als sozialen Wohnungsbau zu konzipieren. Frauke Schwaiblmair, die mit ihrer Fraktion der Grünen/Unabhängigen Liste den Antrag für ein inklusives Wohnprojekt gestellt hatte, freute sich, dass es schnell vorangeht. "Die Lage ist optimal, der Bedarf in Gräfelfing ist gegeben."

Sollte das Projekt umgesetzt werden, ist es das zweite dieser Art im Ort. 2014 wurde bereits in einem Wohnhaus der Seidlhof-Stiftung an der Irminfriedstraße eine integrative Wohngemeinschaft (WG) durch den Münchner Verein "Gemeinsam Leben Lernen" gegründet. Dort leben Menschen mit und ohne Behinderung unter einem Dach zusammen, jeder hat ein eigenes Zimmer, daneben nutzen sie Küche, Wohnzimmer und den großen Garten gemeinsam. Das Konzept sieht vor, dass junge Menschen ohne Behinderung - oft sind es Studenten - ihre Mitbewohner, die zum Beispiel eine geistige Behinderung haben, im täglichen Leben unterstützen, dafür wohnen die Studenten mietfrei. In der Wohngemeinschaft wird gemeinsam gekocht und auch die Freizeit oft zusammen verbracht. Regelmäßig kommt eine sozialpädagogische Fachkraft, die die Bewohner unterstützt. Die Idee ist, Menschen mit Behinderung eine selbstverständliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu geben - das WG-Leben soll weitgehend Selbstbestimmung ermöglichen.

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