Gräfelfing:"Es kommt was ins Rollen"

Um das Interesse an einer Dirtpark-Anlage auszuloten, lädt die Gemeinde zu einem Ortstermin ein

Von Lea Hruschka, Gräfelfing

Drei schlichte Bürostühle, ein kleines Rednerpult, ein Mann in blauem Hemd, schwarzer Hose und Hosenträgern auf einer kleinen Bühne - so stellt man sich eine Veranstaltung mit dem Thema Dirtpark, einer Radsport-Anlage aus Erd- und Lehmhügeln, nicht unbedingt vor. Doch in genau diesem Ambiente hat der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Gräfelfing, Martin Feldner (Grüne), die Veranstaltung "Ortstermin Dirtpark" eröffnet. Trotz des sperrigen Titels sind kurz vor 18 Uhr rund 50 Besucher gekommen, um mehr über die Ideen der Gemeinde zum Dirtpark zu erfahren.

Kinder, Eltern, Jugendliche und ältere BMX-Fahrer sind angeradelt. "Es kommt was ins Rollen", sagt der 16-jährige Dirtbiker Noah Caliskan vor Veranstaltungsbeginn erwartungsfroh. Die Gemeinde will mit dem Termin das Interesse in der Bevölkerung an dem Projekt abfragen. Kommen genügend Teilnehmer, kann eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden. "Heute in einem Jahr könnte der Dirtpark schon stehen", wagt Bürgermeister Feldner vorherzusagen.

Dirtpark Gräfelfing

"Was wünschen Sie sich?", will der stellvertretende Bürgermeister Martin Feldner (Mitte) von den jungen Dirtbikern wissen.

(Foto: Privat)

"Jeder nimmt sich ein Kästchen!", ruft er zu Beginn in die Runde und spielt auf die Felder an, die auf den Boden gesprüht worden sind. In jedes Kästchen darf ein Besucher zusammen mit seinem mitgebrachten Fahrrad. Die Besucher heben das rot-weiße Absperrband an, um in den damit eingegrenzten Bereich zu gelangen. Ein paar Gäste halten sich noch am Informationsstand des Jungen ADFC neben der kleinen Bühne auf, an dem Elisabeth Freundel Flyer und Kugelschreiber verteilt. Sobald schließlich jeder coronakonform an Ort und Stelle steht, erklärt Feldner, das Angebot richte sich vor allem an lose Gruppen, denen Vereinsstrukturen zu starr sind: "Die versuchen wir heute zu kriegen!" Denn er will die Jugendlichen weg von der Straße holen, weg von den illegalen Schanzen im Wald und weg vom Anger, wo sich Anwohner über den Partylärm beschweren, betont Feldner später. Er gibt jedoch zu: "Das klappt wahrscheinlich nicht."

Um die jungen Besucher zu überzeugen, übernimmt nun Benjamin Maschauer vom Planungsbüro Radquartier GmbH das Wort für ein "Impulsreferat", wie es Feldner nennt. Mit seiner Cap auf dem Kopf passt er schon bedeutend mehr zum Image der Bikerszene. "Dirtlines, Dirtjumps, Table Lines", steigt der Fachmann gleich in die Thematik ein, während er ans Pult herantritt. Die Anlage solle nicht nur Jugendliche, sondern die breite Masse ansprechen: Auch Elemente für Kinder mit Laufrad könnten entstehen. Im einsetzenden Regen erläutert der junge Regionalmanager, seine Firma veranstalte Workshops, bei denen die Anforderungen der späteren Nutzer abgefragt werden. Denn es sei entscheidend, dass sich diese mit der Anlage identifizieren. Nur dann sind sie auch gewillt, den Park instandzuhalten: "Sonst ist der Park innerhalb von ein oder zwei Jahren heruntergewirtschaftet." Das regelmäßige Pflegen des Parks dürften wohl die jugendlichen Dirtbiker übernehmen.

Dirtpark Gräfelfing

Der Ortstermin fand trotz regnerischem Wetter statt.

(Foto: Lea Hruschka)

Deren Meinung will Feldner nach dem "Impulsreferat" nun unbedingt hören: "Was wünschen Sie sich?" Kurze Stille. Nur das Prasseln des strömenden Regens auf den Fahrradhelmen und Regenschirmen, die hastig verteilt worden sind, ist zu hören. "Keine Wünsche?", versucht es Feldner noch einmal durch das immer wieder aussetzende Mikrofon. Er hat sich inzwischen in die Mitte der Biker begeben, die hinter einer Reihe von Bürostühlen stehen. Das Schweigen unterbricht schließlich Thomas Koller von den Munich Oldschool BMX. Er wünsche sich einen kombinierten Park, auch mit Asphalt. Der sei teurer, wirft Maschauer ein. Feldner nimmt die Anregung zur Kenntnis. "Noch jemand? Vielleicht auch vom jungen Volk?", fragt er. Tatsächlich tritt Alois Gardill aus der zögerlichen Menge hervor: "Primär was, wo alle fahren können, Junge und Alte, Profis und Hobbyfahrer." Der 19-Jährige ist nicht irgendwer: Sein Freund Jakob Haeseler und er haben die Idee für einen Dirtpark ursprünglich ins Rollen gebracht. "Die beiden sind vor zwei Jahren einfach in die Jungbürgerversammlung reinspaziert", erinnert sich Feldner. Der Park in Allach sei zu weit weg, das Jugendhaus im Dorf reiche nicht aus, argumentieren die zwei jungen Dirtbiker. "Hier ist der perfekte Ort", freut sich Gardill mit Blick aufs Areal.

Nach der knappen Fragerunde ruft Feldner schon zum Vernetzen und Austauschen auf, da ertönt ein letzter Ruf aus dem durchnässten Publikum: "Wann fangt's endlich o?" Diese Frage ist an diesem Abend noch unbeantwortet geblieben. Trotzdem ist der junge Dirtbiker Noah Caliskan nach dem Termin in ungewöhnlicher Kulisse optimistisch: "Man sieht, dass Interesse da ist." Der 16-jährige Florian Hoffmann zeigt sich noch verhaltener. Die Idee sei zwar gut, aber bei einer ähnlichen Veranstaltung in Germering sei das Publikum größer gewesen: "Ich habe mit mehr Leuten gerechnet."

Der Grüne Feldner ist dagegen mit der Teilnehmerzahl sehr zufrieden und will nun Bürgermeister Peter Köstler (CSU) zu einer Machbarkeitsstudie überreden. Ist diese Hürde geschafft, muss noch der Gemeinderat dem rund 50 000 bis 80 000 Euro teuren Park zustimmen. Der Rat habe sich in der Vergangenheit jedoch weniger für junge Interessen eingesetzt, bedauert die ehemalige Bürgermeisterin Uta Wüst (IGG): "Da wurde eher eine Kneipp-Anlage als eine Surfwelle umgesetzt." Wie die Lage im Gemeinderat heute aussieht, könne sie aber nicht einschätzen. Martin Feldner betont: "Wir wollen groß einsteigen, wenn es nach mir geht."

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