Gräfelfing:Das Zelt vibriert, das Volk tanzt

Gräfelfing: Jazz zum Tanzen: Das Sextett "The Hi-Fly-Orchestra" mit Hajo von Hadeln, Florian Riedl und Johannes Herrlich (v. l.) begeisterte das Publikum.

Jazz zum Tanzen: Das Sextett "The Hi-Fly-Orchestra" mit Hajo von Hadeln, Florian Riedl und Johannes Herrlich (v. l.) begeisterte das Publikum.

(Foto: Stephan Rumpf)

Alle zwei Jahre verzaubert das Gräfelfinger Kulturfestival im Paul-Diehl-Park Tausende Fans aus dem Würmtal und aus München. Der Auftakt am Donnerstag ist gelungen, Samstag und Sonntag geht es weiter mit fetziger Musik auf der internationalen Tonleiter

Von Rainer Rutz, Gräfelfing

Schwarze Gewitterwolken brauen sich am späten Donnerstagnachmittag über dem Paul-Diehl-Park zusammen - ein Unwetter kündigt sich an, just zur Eröffnung des Gräfelfinger Kulturfestivals. Schirme werden herbeigeschafft, damit Bürgermeisterin Uta Wüst den Bier-Anstich trocken über die Bühne bringt. Doch dann verziehen sich die Wolken, es wird sonnig. Mit vier zarten Schlägen zapft Uta Wüst das erste Fass an und sagt das, was viele Besucher dieses beliebten Festivals denken: "Am letzten Tag freu' ich mich immer schon auf das nächste Fest in zwei Jahren, und das seit mehr als 20 Jahren." Heuer muss Wüst einen langjährigen Weggefährten verabschieden: Udo Wenisch, Polizeiobermeister der Inspektion Planegg, geht demnächst in Pension. Fast 30 Jahre war er dabei, jeder kennt sein Gesicht. Die Bürgermeisterin dankt ihm mit einem Delikatessen-Korb.

Als sich der Platz dann mit Publikum füllt, entsteht sofort jenes unvergleichliche Kulturfest-Feeling, das dieses weit über die Grenzen des Würmtals hinaus bekannte Ereignis so einmalig macht: Man kennt sich, Junge und Ältere flanieren an den Buden entlang, über allem liegt eine Duft-Melange aus fernöstlichem Thai-Gemüse und bayerischer Bratwurst. Alle sind sie wieder da: die Esoteriker mit allerlei geheimnisvollen Wunder-Artikeln, der Stand von Amnesty International, die Traumwerker und das Lebenszeit-Zelt. Nur die Toiletten sind dieses Mal anders. Statt der hässlichen Toiletten-Wagen findet der Besucher nun Öko-Toiletten, ganz ohne Wasser und trotzdem geruchsfrei und angeblich streng ökologisch. Und erstmals sollen Radlständer das Blech-Chaos der meist mit dem Fahrrad anreisenden Besucher reduzieren.

Über das Festival-Gelände legt sich schnell der Duft von Thai-Gemüse und Bratwurst

Und dann wummert auch schon die erste Band im großen Zelt los: Traditionsgemäß sind es Würmtaler, die für das Opening verantwortlich sind, dieses Mal die G-Town Jazzadelics, zwölf 15 bis 18 Jahre alte Mitglieder der Jugendmusikschule Gräfelfing, die einen satten Big-Band-Sound bieten, Swing, Latin-Grooves, Soul und Funk. Eine Sensation dann um 22 Uhr: HopStopBanda nennt sich eine kraftvolle Gruppe, deren Musik offiziell mit "russischem Gypsie-Boogie" umschrieben wird. Doch die sechs Profi-Musiker aus Köln - einer stammt aus Chile, die anderen aus den ehemaligen GUS-Staaten - bieten viel mehr. Mit hin- und mitreißendem, geradezu ekstatischem, aber immer exaktem, funkig-folkloristischem Sound aus Saxophon-, Akkordeon-, Gitarre-, Bass- und Schlagzeug-Riffs jagen sie die internationalen Tonleitern rauf und runter, mal elegisch, mal aggressiv, rockig, sogar eine fetzige Version von Beethovens Klavierstück "Für Elise" bringen sie unter die begeisterten Fans. Das Zelt vibriert, das Volk tanzt. Ein echter Höhepunkt schon am ersten Abend, der nur schwer getoppt werden dürfte. Vielleicht ist das an diesem Samstag um 22.30 Uhr möglich. Denn da tritt die Gruppe Foltin auf. Vor zwei Jahren begeisterte die Band aus Mazedonien mit ihrem Balkan-Pop-Rock. Davor, um 21 Uhr, treffen die Fans auf Righteous Kill, eine R'n'B-Formation mit Soul-Anklängen bis hin zum Hip-Hop. Am letzten Tag, dem Sonntag, dürfen sich die Festival-Besucher unter anderem am Chill-Out-Jazz des Saxophonisten Michael Hornstein erfreuen, er nennt seinen Auftritt um 15 Uhr "Summertime Opium". Beendet wird das Festival mit dem traditionellen Band-Auftritt auf der offenen Bühne nach 22 Uhr: Horndogz aus Paris verjagen mit funkigem Hip Hop die bösen Geister. Die Band hat in Frankreich übrigens längst Kult-Charakter.

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