Gräfelfing:Adieu, "alte Kiste"

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In einem "miserablen" Zustand: Für den Erhalt der Villa müsste sehr viel investiert werden. (Foto: Florian Peljak)

Die Villa an der Bahnhofstraße zu erhalten, kostet zu viel

Von Annette Jäger, Gräfelfing

"Abreißen und neu bauen ist hier gescheiter" - so fasste Gemeinderätin Marion Appelmann (CSU) neue Überlegungen zur Bebauung des Gemeindegrundstücks Bahnhofstraße/Ecke Professor-Kurt-Huber-Straße in Gräfelfing kurz und bündig zusammen. Was ursprünglich so schön klang - Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses an der Bahnhofstraße und Erhalt der Villa auf dem hinteren Grundstücksteil, um eine integrative Wohngemeinschaft unterzubringen - erweist sich jetzt als kaum sinnvoll, so der Tenor in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses. Die Variante Abriss der Villa und Neubau für die Wohngemeinschaft soll jetzt genauer untersucht werden, so lautet die Empfehlung an den Gemeinderat, der am Dienstag, 28. September, tagt.

Das Eckgrundstück ist durch seine Hanglage eine bauliche Herausforderung. Auf Höhe der Bahnhofstraße soll das Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage entstehen, die sich förmlich in den Hang fräst, außerdem sind Kellerräume vorgesehen. Oben auf der Hangkante, im hinteren Teil des Grundstücks, steht die Villa. Um sie abzustützen, müssten große Mengen an Beton im Boden versenkt werden, sagte Bauberater Bertold Ziersch, der dem Vorschlag der beauftragten Architekten "wgp Oliver Glück Architektur und Stadtplanung" folgte, den Abriss der Villa in Erwägung zu ziehen. Spezialtiefbau wäre notwendig, der Kosten "im höheren sechsstelligen Bereich" verursacht, präzisierte Stefan Schädle vom Bauamt auf Anfrage.

Zudem bietet die Villa nach genauer Untersuchung nicht die Barrierefreiheit, die wünschenswert wäre. Bedingt durch die Hanglage seien "gigantische Rampenlängen" nötig, erklärt Schädle, um einen barrierefreien, rollstuhlgerechten Zugang herzustellen. Nicht zuletzt sei laut Architekt Oliver Glück die städtebauliche Beziehung zwischen dem Neubau vorne und der Villa hinten nicht ideal. Beide Bauten rückten sehr nah aneinander, was zu Sicht- und Lärmkonflikten führen könnte. Er brachte die neue Idee mit in die Sitzung, einen zusätzlichen Schenkel an das Wohnhaus anzubauen, um dort die integrative Wohngemeinschaft unterzubringen.

Sich von Villa zu trennen, war für die meisten Gemeinderäte ein verkraftbarer Gedanke, zumal Bauberater Ziersch die "alte Kiste" für verzichtbar hielt. Sie sei weder ein besonderes Baudenkmal, noch weise sie große Bauqualität auf. Oliver Glück verstand den "nostalgischen Gedanken", sie zu erhalten. Durch die "Fachbrille" jedoch sehe es anders aus. Die Bauqualität bezeichnete er als "miserabel", und man müsse sich fragen, wie viel Geld man in den Erhalt investieren wolle. Lediglich Wolfgang Balk (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) und Fraktionskollegin Ute Sturm wollten sich nicht von der Villa verabschieden und stimmten gegen die Idee, die Neubauvariante zu prüfen.

Der Vorentwurf des Wohn- und Geschäftshaus mit 18 barrierefreien Wohnungen fand volle Zustimmung im Bauausschuss. Im Erdgeschoss sind Ladenflächen von insgesamt rund 440 Quadratmetern vorgesehen. Rund 9,2 Millionen Euro soll der Neubau kosten, Bauherr ist die Gemeinde. Bezugsfertig könnte alles Ende 2024 sein.

© SZ vom 24.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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