Süddeutsche Zeitung

Gourmet Award 2018:Köstliches von den Gebrüdern Vu

Im "Vu Tang Kitchen" wird die laotische Küche zelebriert. Zu ihren Besonderheiten zählen gehackter Salat aus Fleisch mit Kräutern, marinierter Schweinebauch und jede Menge Klebreis.

Von Laura Kaufmann

Die mit Stuck verzierten Altbauräume, in denen einst das jüdische Lokal Schmock Gäste verköstigte, sind jetzt mit purpurfarbenen Tapeten überzogen. Die einstige "Klagemauer" ist dekorativ mit Bambuskörben verhängt. Auf den Tischen sind Stäbchen eingedeckt. "Wir haben hier schon immer traditionell Randgruppen-Gastronomie gemacht", sagt Wirt Florian Gleibs. Nach der jüdischen Küche widmet er sich in der Augustenstraße nun der laotischen.

Für das südostasiatische Konzept hat er sich mit den Gebrüdern Vu zusammengetan. Huy und Dung Vu haben das Modelabel Distorted People auf die Beine gestellt. Und sie stammen einerseits aus Laos, andererseits aus einer Gastronomenfamilie, weswegen sie von Gleibs Idee gleich angefixt waren.

Die laotische Küche nennt das Laab ihr inoffizielles Nationalgericht, einen gehackten Salat aus Fleisch und asiatischen Kräutern, vermengt mit Limettensaft. Und ein Essen ohne den im Bambuskorb gedämpften Sticky Rice wäre kein Essen. Es gibt also natürlich Laab im Vu Tang Kitchen, in drei verschiedenen Varianten mittlerweile, Ente, Fisch und Tofu (acht und neun Euro). "Wir wollten mehr vegetarische Speisen anbieten", sagt Restaurantleiterin Stephania Blöchl. Und ein Laab sollte ein jeder probieren, der die laotische Küche kennen lernen will.

Wer das Vu Tang Kitchen zum ersten Mal besucht und sich überfordert fühlt bei der Speisenwahl - schließlich gibt es kein zweites laotisches Restaurant in der Stadt - dem sei das Picknick-Menü ans Herz gelegt: Eine laotische Reise durch alle Geschmacksrichtungen, vier Gänge, jeweils bestehend aus mehreren Schälchen, für 34 Euro pro Person. "Rundum-Sorglos-Paket" nennt das Restaurantmanagerin Stephania Blöchl. Was auf den Tisch kommt, ist eine Überraschung, und wer nicht gerne überrascht wird, der arbeitet sich eben selbst durch die Karte. Die Idee ist es, einige der kleinen Schälchen in der Runde zu teilen, und dann vielleicht noch ein paar, und vielleicht noch welche.

Das Pork Belly zum Beispiel, marinierter Schweinebauch, ist ein absoluter Renner im Haus (acht Euro), Fischliebhaber halten sich an die Rubrik "Catch of the day", Kabeljau mit Sprossen und Koriander (elf Euro) oder Lachs mit Shiitake und Laos-Pesto aus Cashewkernen, Thaibasilikum, Koriander und Minze (14 Euro) oder ordern den Pomelosalat mit gegrilltem Tuna und Dill (zwölf Euro). Ein laotisch aromatisiertes Tatar (elf Euro steht auf der Picknick-Karte und "Mr Dungs Eggplant": Mit Salatblättern werden Reisnudeln und Rind mit Kräutern vom Teller geklaubt (14 Euro). Zu all dem darf eine Bestellung Sticky Rice nicht fehlen, der Klebreis, der mit der Hand zu kleinen Bällchen geformt wird, und mit dem die Soße eines Gerichts oder eines der Dips aufgenommen wird.

Zur Auswahl stehen zudem Wok-Gerichte und neuerdings auch Barfood, ein Laos-Burger zum Beispiel. Für die Gäste, die an dem langen Tresen Platz nehmen und sich dort einen "Lost in Laos" mit Kaffir, Limette, Agave, Bourbon, Chatreuse und Mandel (zehn Euro) zu Gemüte führen oder einen Thai Basil Smash (zehn Euro), und dabei nur ihren Hunger stillen wollen, statt ausgiebig zu tafeln.

Das sollte natürlich nicht der Regelfall sein, denn das laotische Prinzip ist das des Familienpicknicks mit vielen Speisen in der Mitte. "Die Vus haben unsere Köche so lange gequält, bis es schmeckt, wie es soll", sagt Florian Gleibs. Und die Tanten, Onkel und Cousinen haben bei ihren Testessen bekräftigend genickt. Das Vu Tang Kitchen hat dabei aber nicht den Anspruch, original laotische Gerichte zu kredenzen. Die Rezepte sind weiterentwickelt, verfeinert, hier und da wurde etwas Schärfe herausgenommen für den europäischen Gaumen. Laos Fusion Kitchen nennen Gleibs und die Vus das.

Fünf bis sechs Servicekräfte huschen zu den Stoßzeiten am Wochenende zwischen den Tischen umher; die kleinen Schälchen wollen serviert werden und, einmal leer gegessen, auch wieder abgeräumt; dafür ist etwas mehr Aufwand erforderlich als dafür, einmal einen Schweinsbraten auf den Tisch zu stellen. Auch der Gast lässt sich auf eine neue Art zu speisen ein, wirft die Hemmungen über Bord, mit den Fingern zu essen und wischt mit dem Sticky Rice noch den letzten Rest der Sauce auf. Er darf sich dabei Zeit lassen. Mehr als zwei Seatings gibt es auch am Wochenende nicht, aus Prinzip.

Die laotische Küche mag hier eine Randgruppenküche sein. Sieht man sich den Trubel im vollen Vu Tang Kitchen am Abend an, wie der Service an den Tischen vorbeihuscht, mit Schüsseln beladen, ist aber auch klar: Sie spricht verdammt viele Münchner an.

Vu Tang Kitchen, Augustenstraße 52, Telefon: 52 35 05 35, Dienstag bis Samstag 18 bis 1 Uhr, Sonntag 17 bis 1 Uhr, www.vutangkitchen.com. Weitere Infos unter www.sz.de/gourmet

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Quelle:
SZ vom 24.02.2018
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