Gleichberechtigung:Die Grünen fordern eine Frauenquote für städtische Unternehmen

  • Frauen sind in Spitzenpositionen der städtischen Firmen noch immer Exoten.
  • Für die Grünen sind die Zustände in den kommunalen Unternehmen ein Skandal.
  • Sie setzen sich deshalb für eine Frauenquote ein, die CSU lehnt sie ab.

Von Dominik Hutter

Ein paar wenige gibt es: Andrea Gebbeken am Flughafen etwa, Monika Dech bei der Messe oder Marlies Mirbeth bei der Stadtsparkasse. Alles in allem aber sind Frauen in Spitzenpositionen der städtischen Firmen weiterhin Exoten; die hohen Gehälter, einige oberhalb der 400 000-Euro-Marke, fließen ganz überwiegend an Männer. Bei den Stadtwerken etwa steht seit dem Rückzug der einstigen Vertriebs-Geschäftsführerin Erna-Maria Trixl vor einem Jahr keine einzige Frau mehr in vorderster Reihe, in den allermeisten Chefetagen bilden Männer eine erdrückende Mehrheit.

Aus Sicht der Grünen sind die Zustände in den (ganz oder teilweise) kommunalen Unternehmen schlicht ein Skandal. "Die bestbezahlten und einflussreichsten Jobs, die die Stadt München zu vergeben hat, sollten die Vielfalt unserer Stadt widerspiegeln", fordert die Münchner Parteivorsitzende Gudrun Lux. Eine Quote sei überfällig.

Neu ist das Thema nicht, es hat den Stadtrat bereits 2016 beschäftigt. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schrieb daraufhin einen Brief. Tenor: Bitte nicht die Förderung von Frauen vergessen, auch in den Führungspositionen. Der Stadtrat hatte zudem beschlossen, dass in jeder Bewerber-Endrunde eine qualifizierte Frau vertreten sein sollte - falls sich eine beworben hat.

Nur: Es dauert lange, bis sich etwas ändert. Sehr lange. Noch im Frühjahr soll dem Stadtrat ein Bericht vorgelegt werden, was sich seit 2016 getan hat. Was man jetzt schon sagen kann: Ganz oben ist die Revolution komplett ausgeblieben - was natürlich auch daran liegt, dass die Chefposten nicht ständig neu vergeben werden. Man dürfe dennoch die Situation nicht positiver verkaufen als sie ist, findet SPD-Stadträtin Bettina Messinger. Es bleibe viel zu tun, "wir müssen versuchen, dranzubleiben".

Ihre Grünen-Kollegin Lydia Dietrich sieht zwar guten Willen und auch Engagement in den Unternehmen, plädiert jedoch für klare Vorgaben. Was nicht immer ganz einfach ist: Oft gebe es lediglich unverbindliche Zielquoten, weiß die städtische Gleichstellungsbeauftragte Nicole Lassal. Und wenn der Vorstand einer Firma nur aus einer einzigen Person besteht, wie etwa beim Tierpark, seien Quotenlösungen nicht möglich. Lassals urteilt aber ebenfalls: "Es ist noch Luft nach oben."

Allerdings befinden sich oft schon unter den Bewerbern kaum Frauen. Ein Beispiel dafür liefert das neue städtische IT-Referat, für dessen Leitung sich schlicht nur Männer interessiert haben. "Gerne mehr Frauen, aber man kann auch nicht zaubern", sagt daher die CSU-Stadträtin Kristina Frank. Das Problem sei: Geht es um herausgehobene Positionen, "jonglieren Frauen mit ganz vielen Bällen" und träfen oft eine persönliche Entscheidung zugunsten der Familie.

Manchmal sei eine berufliche Karriere nur dann möglich, wenn eben der Partner kürzer tritt. Frank ist gegen eine Quote und mahnt, vor allem auf Qualifikation zu setzen. Zwar hält auch die CSU-Politikerin den Frauenanteil in den städtischen Vorstandsetagen für verbesserungsbedürftig. Man dürfe aber Erfolge nicht übersehen, etwa bei den städtischen Referenten. Fünf von 13 "Stadtministern" (das IT-Referat bereits mitgerechnet) sind Frauen. Und tritt Frank, die als Kommunalreferentin designiert ist, im Sommer ihr Amt an, steigt die Zahl auf sechs.

Nur wer sich bewirbt, kann irgendwann Chef sein

Einig sind sich die Politikerinnen, dass nur dann ausreichend Frauen in Chefbüros auftauchen werden, wenn sie auch in den unteren Ebenen in einer fairen Größenordnung vertreten sind. Dabei habe die Stadt zumindest in den Reihen der eigenen Verwaltungsbeschäftigten schon deutliche Fortschritte erzielt. Etwa 48 Prozent aller Führungspositionen seien in weiblicher Hand, betont Lassal. 1987 seien es nur 33 Prozent gewesen.

Es gebe aber deutliche Unterschiede - je nachdem, auf welcher Stufe der Hierarchie man sich bewegt. Am geringsten sei der Frauenanteil nach wie vor in der höchsten Ebene, sagt die Gleichstellungsbeauftragte. In der dritten Stufe hingegen liege der Frauenanteil bei mehr als 57 Prozent. Auf dieser Ebene sind unter anderem die Leitungen von Kindergärten angesiedelt.

Schwierig wird es, wenn der Frauenanteil unter sämtlichen Mitarbeitern, also auch den Nicht-Chefs, sehr niedrig ist. Die Stadtwerke etwa haben trotz intensiver Bemühungen den Anteil der Frauen im Konzern bislang nur auf 21 Prozent steigern können. Das sei "nicht ganz befriedigend", seufzt Personal-Geschäftsführer Werner Albrecht. Speziell der stark ausgeprägte Technik-Bereich schrecke viele Frauen ab.

Obwohl allerlei Tricks angewandt werden, wie Albrecht berichtet. Bei Ausbildungsmessen etwa versucht man, die weiblichen Bewerberinnen von ihren Müttern zu separieren - deren Präsenz, das zeigt die Erfahrung, verfestigt das klassische Rollenbild. Losgelöst von diesen Fesseln reagierten junge Frauen aufgeschlossener auf technische Berufe, sagt Albrecht. Und nur wer sich bewirbt, kann irgendwann einmal Chef sein.

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