Süddeutsche Zeitung

Glaubwürdigkeitsverlust:Parteien nähren die Vorbehalte

Von Spezl-Diensten bis Präsenzveranstaltungen - CSU und freie Wähler stehen zunehmend unter kritischer Beobachtung

"Aiwangers Zettl-Wirtschaft" und "Komödiant fühlt sich verarscht" vom 22. März:

Günstlingswirtschaft

Die Misswirtschaft des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger von den Freien Wählern ist schon bemerkenswert. Sein Wischmopp-Fehlkauf ist gerade vorüber, da geht es gleich weiter. Anbieter von Schutzmasken, die Anfang 2020 sofort hätten liefern können, wurden vom Minister nicht berücksichtigt, obwohl der Stückpreis nur halb so hoch war wie der jener Firma, die den Zuschlag bekam. Aiwanger begünstigte nach guter alter bayerischer Spezl-Manier eine Firma für Autositzbezüge, ohne jegliche Maskenherstellungsexpertise. Er hilft dann auch bei der Umstellung der Produktion auf die Maskenherstellung und präsentiert sich als Wohltäter. Hoffentlich verschwindet Aiwanger im Herbst in den Bundestag, da kann er als namenloser Hinterbänkler wenigstens keinen materiellen Schaden mehr anrichten. Stefan Kaisers, Gießen

Politisch verwerflich

Die Fürther CSU hat unter "einschränkenden Maßnahmen" infolge Corona eine Präsenzveranstaltung mit knapp 100 Mitgliedern veranstaltet. Auch aus Sicht des CSU-Kreisvorsitzenden war das offensichtlich unglücklich, jedoch alternativlos. Für völlig unverständlich halten wir allerdings die Antwort der CSU-Landesleitung auf die SZ-Nachfrage, die Delegierten zur Bundestagswahl müssten in einer Präsenzwahl bestimmt werden, um die Aufstellung "rechtssicher" zu machen. Offensichtlich kommt für die CSU die Bundestagswahl so überraschend, dass man keine andere Lösung für rechtssichere Delegierten-Wahlen finden konnte. Es ist erschütternd zu sehen, wie die CSU, aber auch andere Parteien auf vorhersehbare Ereignisse reagieren beziehungsweise nicht reagieren. "Aiwangers Zettl-Wirtschaft" beschreibt, wie Minister Aiwanger und sein Ministerium Fachfirmen, die frühzeitig Atemschutzmasken liefern konnten, zugunsten des Autozulieferers Zettl ausbremste, der seine Produktion erst noch umstellen musste und deshalb erst sehr spät lieferte. Naheliegender Hintergrund: Der Sitz des Autozulieferers ist nur 25 Kilometer vom Bauernhof Aiwangers entfernt, somit "Nachbarschaftshilfe". Jürgen Reuter, München

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Quelle:
SZ vom 12.04.2021
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