Süddeutsche Zeitung

Givebox in München:Tausche Fußball gegen Plüschhund

Die Givebox funktioniert nach dem Prinzip Geben und Nehmen - kostenlos versteht sich. Auch am Viktualienmarkt in München steht nun eine solche Geschenkekiste und birgt einige Überraschungen.

Beate Wild

Eine Männer-Lederjacke, ein Reiseführer über Laos und ein flauschiger weißer Plüschhund. Das sind drei der zahlreichen Dinge, die gerade zu verschenken sind. In München gibt es jetzt eine Givebox, das ist eine Geschenkekiste im Telefonzellenformat, ein zusammengezimmerter Bretterverschlag mit integrierten Regalen.

Bereits seit ein paar Monaten breiten sich die Geschenkeboxen unaufhaltsam über ganz Deutschland aus. Begonnen hat der Trend in Berlin, wo sonst. Die Münchner Box steht seit dieser Woche direkt am Viktualienmarkt, im Innenhof des "Hotel am Markt". Das Prinzip: Sachen, die man nicht mehr braucht, vorbeibringen oder Dinge, die einem interessant und nützlich erscheinen, kostenlos mit nach Hause nehmen. Ein Geben und ein Nehmen also.

Und das scheint zu funktionieren. Gleich von Beginn an wird die Geschenkekiste von vielen Münchnern begeistert frequentiert. Eine Dame hat gerade den Roman "Hannas Töchter" entdeckt und nimmt ihn freudestrahlend mit nach Hause. Inge Rauch dagegen bringt ein paar Sachen vorbei: zwei Bücher und ein Badesalz, das sie nicht brauchen kann. "Das ist eine wunderbare Idee", sagt sie. "Das Prinzip kenne ich schon von dem jährlichen Weihnachtsbazar, an dem ich immer teilnehme." Doch die Givebox im Münchner Zentrum soll es nicht nur in der Weihnachtszeit geben, sondern von nun an das ganze Jahr über. Der Sinn und Zweck ist Nachhaltigkeit und Nachbarschaftssolidarität.

Die winzige Holzbude wurde von Studenten der TU München zusammengebaut. Gesponsert wurde sie von Airbnb, einer Internetseite, die private Unterkünfte vermittelt. "Wir finden es schön, wenn Leute etwas teilen, deshalb haben wir den Bau der Münchner Givebox unterstützt", sagt Wiebke Luigs von Airbnb. Die Idee für die Geschenkekiste stammt jedoch von einem Pärchen aus Berlin.

Der 28-jährige Programmierer Andreas Richter wollte ein paar Sachen loswerden: Kleidung, DVDs, Gläser. Zusammen mit seiner Freundin Lena Issa erfand er daraufhin im Juli 2011 in Berlin die erste Givebox. Die Idee des kostenlosen Tauschens verbreitet sich seither auf Facebook - rasend schnell. Viele andere Städte wie Hamburg, Düsseldorf oder Würzburg haben die kleinen Büdchen bereits übernommen. Pünktlich zur Adventszeit zieht nun auch München nach.

Den Erfolg der Givebox begründen die Initiatoren mit dem aktuellen Zeitgeist. Mit der Wirtschaftskrise sei es für alle härter geworden, sich durchzuschlagen. Das freiwillige Geben und Nehmen sei ein gegenseitiges Helfen und außerdem ökologisch sinnvoll. Statt einen alten Toaster einfach auf den Müll zu schmeißen, könne man irgendjemanden in seiner Stadt damit eine Freude machen. Und die Leute sind froh, das Zeug, das sie nicht mehr brauchen können, sinnvoll loszuwerden.

Das System der Givebox basiert auf Vertrauen, das heißt, man geht davon aus, dass die Leute mit den Sachen, die sie vorbeibringen oder mitnehmen, kein Schindluder treiben und verantwortungsvoll mit dem Konzept des Schenkens umgehen. Von den Städten, in denen es die Givebox schon länger gibt, wird durchwegs Positives berichtet.

Oftmals bringen Leute sogar völlig neue Kleidungsstücke vorbei, die Fehlkäufe oder ungeliebte Geschenke sind. Oder eine Kiste mit Plüschtieren, weil das Kind, dem sie mal gehört haben, schon längst volljährig ist.

Am Viktualienmarkt in München ist ein reges Kommen und Gehen. Doris Krumm lässt einen Fußball und einen Nudelkocher da. "Vielleicht kann es ja jemand brauchen", sagt sie und grinst. "Bei mir stand es eh nur nutzlos herum." Und in der Tat, kaum zehn Minuten später, hat der Nudelkocher schon eine neue Besitzerin gefunden. So schnell kann es gehen mit dem Geben und Nehmen.

Auch für das Tollwood Festival ist eine weitere Givebox geplant. Es muss nur noch ein Standplatz gefunden werden.

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