Gifte im Westbad:Rätselhafter Gasgeruch

Vor einem Jahr trat im Westbad unter mysteriösen Umständen Chlor aus. Nun musste sich ein Putzmann wegen schwerer Freisetzung von Giften vor Gericht verantworten - und ist freigesprochen worden.

Christian Rost

Nach einem mysteriösen Chloraustritt am 9. Mai 2010 im Westbad ist ein Mitarbeiter einer Reinigungsfirma wegen schwerer Freisetzung von Giften angeklagt worden. Er habe unsachgemäß mit vier Reinigungsmitteln hantiert und damit Chlorgas erzeugt, warf die Staatsanwaltschaft dem 29-Jährigen vor. Das Münchner Amtsgericht sprach den Putzmann am Donnerstag jedoch frei.

Badegäste im Westbad, 2005

Das Münchner Westbad ist ein beliebter Freizeitreff.

(Foto: CATH)

An jenem Sonntagvormittag tummelten sich 260 Gäste im Bad. Gegen 11 Uhr bemerkte ein Schwimmmeister an einem Brückenübergang starken Chlorgeruch, er bekam sogar eine wunde Stelle im Mund. Ein Großaufgebot der Feuerwehr und Polizei rückte an und ließ das Bad räumen: Messungen ergaben einen deutlich erhöhten Wert. In höheren Konzentrationen ist Chlorgas extrem gefährlich, im Ersten Weltkrieg wurde es sogar als Kampfmittel eingesetzt.

Vier Badegäste und zwei Mitarbeiter des Bads klagten danach über Schluckbeschwerden, schlimmer verletzt wurden aber niemand. Weil die Geräte zur Chlorung des Wassers in Ordnung waren, geriet der Putzmann unter Verdacht. Er hatte in der Nacht zuvor auf Anweisung des Westbad-Chefs einen Übergang geschrubbt. Ein Chemie-Experte der LMU stellte nun fest: Die verwendeten Putzmittel können kein Chlorgas freisetzen. Amtsrichter Jürgen Hanselmann sprach die Reinigungskraft deshalb frei.

Für die Justiz ist der Fall damit erledigt, nicht aber für den Bad-Betreiber, die Stadtwerke München. Denn im Prozess hatte sich gezeigt, dass das Klima unter den Beschäftigten im Westbad ziemlich schlecht ist. Mitarbeiter äußerten den Verdacht, ein böswilliger Kollege könnte Chloralarm ausgelöst haben, um dem Chef eins auszuwischen.

Doch auch der Betriebsleiter selbst geriet in Erklärungsnot. Erst gab er an, dass seit Jahren kein Chlorgranulat verwendet worden sei, aus dem sich Gas entwickeln kann. Dann musste er einräumen, dass das Granulat vier Tage vor dem Vorfall ins Freibad gestreut wurde.

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